Expertentalk mit Steuerberater Jürgen R. Herrmann zum Thema Hausüberschreibung

Wer mit Jürgen R. Herrmann spricht, merkt schnell: Hier sitzt keiner, der sich hinter Paragrafen versteckt. Der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater aus Esslingen denkt klar, spricht direkt und bringt Jahrzehnte an Berufserfahrung mit – ohne dabei dogmatisch zu wirken. Seine Kanzlei steht für mehr als klassische Steuerberatung: Für einen ganzheitlichen, strategischen Blick auf das, was Unternehmen und Privatpersonen steuerlich und rechtlich bewegt.
Ein besonders sensibles Feld: die Übertragung von Immobilien innerhalb der Familie. Nicht nur, weil es oft um große Vermögenswerte geht – sondern weil Emotionen, familiäre Spannungen und juristische Fallstricke zu Problemen führen können.
Dass beim Haus überschreiben als Alternative viele Fäden zusammenlaufen – steuerlich, rechtlich, menschlich – weiß Herrmann aus unzähligen Beratungen. Im Gespräch mit mueritzportal.de spricht er über die Bedeutung langfristiger Mandatsbeziehungen, über die Stolperfallen einer vermeintlich „einfachen“ Schenkung und über die Kunst, komplexe Themen greifbar zu machen.
mueritzportal.de: Herr Herrmann, die Hausüberschreibung zu Lebzeiten gilt als kluger Schritt, um Erbschaftssteuer zu sparen und Streit in der Familie zu vermeiden. Wo liegen Ihrer Erfahrung nach die größten Missverständnisse in der Praxis?
J.R. Herrmann: Die Übertragung von Immobilienvermögen zu Lebzeiten ist nicht nur ein finanzielles Thema – es ist ein emotionales. Oft stehen hinter der Entscheidung, Vermögen zu übertragen, tiefere Beweggründe. Insofern ist es in erster Linie eine Herzensangelegenheit.
mueritzportal.de: Sie sagen selbst, dass Sie nicht nur steuerlich, sondern auch unternehmerisch und rechtlich beraten. Wie zeigt sich dieser ganzheitliche Blick konkret, wenn ein Mandant mit dem Wunsch einer Hausübertragung auf Sie zukommt?
J.R.Herrmann: Was den nicht fachlichen Bereich anbelangt, geht es um folgende Schritte:
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Familienbande stärken
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Die Grundstücksübertragung ist oft mehr als nur ein wirtschaftlicher Akt. Es ist eine Möglichkeit, Ihre Vermächtnisse und Werte an die nächste Generation weiterzugeben. Teilen Sie Ihre Geschichten und Traditionen – das gibt nicht nur Sicherheit, sondern auch ein Gefühl der Zugehörigkeit.
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Sicherheit schaffen
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Viele Eigentümer fühlen sich wohler, wenn sie wissen, dass ihr Vermögen in den Händen ihrer Liebsten ist. Lassen Sie uns gemeinsam Strategien entwickeln, die das Gewissen beruhigen und die Zukunft Ihrer Familie schützen.
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Lebenslabore und offene Gespräche
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Die Übertragung von Immobilien ermöglicht Ihnen, zu Lebzeiten Perspektiven zu schaffen. Offene Gespräche über Wünsche, Sorgen und Erwartungen fördern das Verständnis innerhalb der Familie.
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Wertschätzung erfahrbar machen
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Indem Sie Ihr Vermögen an die nächste Generation übergeben, zeigen Sie Wertschätzung und Vertrauen. Dies kann emotionale Bindungen stärken und ein Gefühl von Verantwortung hervorrufen.
mueritzportal.de: Pflichtteilsansprüche, Nießbrauch, 10-Jahres-Frist – das klingt für viele Betroffene erstmal wie ein Dschungel aus Fachbegriffen. Wie gelingt es Ihnen und Ihrem Team, solche komplexen Themen für Mandanten verständlich aufzubereiten?
J.R. Herrmann: Ich glaube, das ist gerade unser Talent, dass wir dieses “Steuerchinesisch” gut und verständlich dolmetschen können.
mueritzportal.de: Auf Ihrer Website betonen Sie die langfristige Zusammenarbeit und den offenen Dialog. Gerade bei sensiblen Entscheidungen wie der Immobilienübertragung: Welche Rolle spielt Vertrauen in diesen Prozessen?
J.R. Herrmann: Vertrauen spielt eine sehr große Rolle. Da ja, wie gesagt, das Ganze in erster Linie eine Herzensangelegenheit ist, um überhaupt diesen Schritt zu machen. Neben dem Vertrauen der Betroffenen -im positiven Sinne - muss der Berater ebenfalls vertrauenswürdig sein, damit eine Übertragung gelingt.
mueritzportal.de: Die Hausüberschreibung ist rechtlich und steuerlich anspruchsvoll. Wann ist der richtige Zeitpunkt, sich beraten zu lassen – und wer sollte idealerweise am Tisch sitzen?
J.R. Herrmann: Der richtige Zeitpunkt ist, wenn der Schenker beginnt, sich mit diesem Gedanken auseinanderzusetzen. Zunächst sollte er sich selber beraten lassen, damit die Entscheidung weiter bei ihm reifen kann. Soweit der Reifegrad fortgeschritten ist, sollten dann offene Gespräche über Wünsche, Sorgen und Erwartungen geführt werden . Diese fördern das Verständnis innerhalb der Familie und eröffnen Perspektiven innerhalb der Familie.
mueritzportal.de: Ihr pragmatischer Ansatz hebt sich deutlich von vielen anderen Kanzleien ab. Wie behalten Sie bei all den steuerlichen und juristischen Details das große Ganze im Blick – gerade bei komplexen Familienkonstellationen?
J.R. Herrmann: Die Kunst besteht eigentlich darin, mittels Diplomatie eine vertrauliche Basis zu schaffen. Eine große Schwierigkeit besteht wirklich darin, dass man sich als Berater zurückhalten muss, zu fachlich zu werden, weil man die oft vorhandene Komplexität gar nicht vermitteln kann. Der Mandant muss aber trotzdem in die Lage versetzt werden, eine Entscheidung zu treffen. Die rein fachliche Arbeit findet letztlich in der Kanzlei statt, hier ist natürlich Expertenwissen, Recherchearbeit und eine sehr gute Dokumentation über den Status Quo notwendig, um den Überblick zu behalten
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Herrmann.