Cannabis-Missbrauch im Straßenverkehr
Automobil-Club Verkehr begrüßt Verkehrsgerichtstag-Empfehlungen

Beim 63. Verkehrsgerichtstag in Goslar wurde unter anderem über die Auswirkungen von Cannabis im Straßenverkehr diskutiert. Der ACV Automobil-Club Verkehr begrüßt die erarbeiteten Empfehlungen des Arbeitskreises I "Cannabis-Missbrauch im Straßenverkehr" und sieht sich in seinen Forderungen nach mehr Aufklärung und präzisen Schnelltests bestätigt.
Mischkonsum von Alkohol und Cannabis: Empfehlung einer klaren Nulltoleranzregelung
Ein zentrales Thema des Arbeitskreises war der Mischkonsum von Alkohol und Cannabis. Der Arbeitskreis empfiehlt, dass der Gesetzgeber eine Nulltoleranzregelung im Straßenverkehrsgesetz verankert, wie es bereits für Fahranfängerinnen und Fahranfänger der Fall ist. Der ACV unterstützt diese Forderung ausdrücklich. Derzeit darf man neben dem zulässigen THC-Grenzwert (3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum) bis zu 0,5 Promille Alkohol im Blut haben. Untersuchungen zeigen jedoch, dass bereits geringe Mengen Alkohol die Wirkungseffekte verstärken. Das Unfallrisiko ist damit deutlich erhöht.
Eine repräsentative Civey-Umfrage im Auftrag des ACV zeigt zudem, dass in der Bevölkerung große Unsicherheit hinsichtlich der geltenden Regelungen besteht. 33 Prozent der Befragten wissen nicht, welche Vorschriften für den Mischkonsum gelten. 37,4 Prozent gehen fälschlicherweise davon aus, dass Mischkonsum grundsätzlich verboten ist, während nur 23,1 Prozent korrekt angeben, dass die Grenzwerte der einzelnen Stoffe gelten.
Verstärkte Aufklärung als Schlüssel zur Erhöhung der Verkehrssicherheit
Der ACV hatte sich im Vorfeld des Verkehrsgerichtstags für umfassendere Aufklärungsmaßnahmen über die Risiken von Cannabis im Straßenverkehr eingesetzt. Der Arbeitskreis unterstreicht diesen Bedarf in seiner Empfehlung: "Zur nötigen Fortentwicklung der Vision Zero sind die Aufklärungsmaßnahmen über die Risiken des Cannabiskonsums im Straßenverkehr sowie die geltende Rechtslage erheblich zu intensivieren."
Präzise Schnelltests dringend erforderlich
Zudem kritisierte der ACV im Vorfeld, dass es bei Verkehrskontrollen aktuell keine präzisen Schnelltests gibt, mit denen die Polizei den THC-Grenzwert verlässlich messen kann. Auch diese Problematik hat der Arbeitskreis in seine Empfehlungen aufgenommen und "fordert die Bundesregierung bzw. den Gesetzgeber dringend dazu auf, die zeitnahe Entwicklung von verdachtsausschließenden Vortestmöglichkeiten hinsichtlich der verschiedenen aktuellen Grenzwerte zu unterstützen."
Zu folgenden Empfehlungen des VGT bezieht der ADAC Stellung:
AK I: Cannabis-Missbrauch im Straßenverkehr
Der VGT sieht die Herausforderungen, die die Legalisierung von Cannabis für die Verkehrssicherheit bedeutet, und erwartet bessere Testmethoden für Polizei und klare Beurteilungskriterien für Behörden mit Blick auf die Frage, wann eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung und eine stärkere Sanktionierung notwendig werden. Auch nach Ansicht des ADAC müssen Grundlagen für Behörden und die Rechtssicherheit für Betroffene unter anderem durch die Beschreibung der Umstände verbessert werden, unter denen von einem Cannabismissbrauch ausgegangen werden kann.
Zusätzlich spricht sich der VGT entsprechend der Einschätzung von ADAC Experten für eine Null-Toleranz-Regel für den Mischkonsum von Alkohol und Cannabis aus. Wenn beide Rauschmittel kombiniert werden, kann davon ausgegangen werden, dass missbräuchliches Verhalten vorliegt.
AK IV: Die "sieben Todsünden" des § 315c StGB auf dem Prüfstand
Der ADAC begrüßt die Empfehlung des VGT, die Tatbestände des § 315c StGB zu überprüfen und an die aktuellen Realitäten des Straßenverkehrs anzupassen. Für sinnvoll hält es der Mobilitätsclub, den Schutz von Fußgängern zu stärken und die Anwendung des § 315c StGB nicht nur an Zebrastreifen, sondern auch an Fußgängerampeln und -übergängen zu ermöglichen. Auch das rücksichtslose Missachten des Vorrangs von Fußgängern beim Abbiegen sollte stärker sanktioniert werden können. Der VGT empfiehlt zusätzlich, auch die Handynutzung oder Ablenkung durch andere elektronische Geräte wie verbaute Infotainmentsysteme einzubeziehen. Aus Sicht des ADAC ist das absolut sinnvoll und entspricht der Forderung des Clubs. Für wesentlich halten die Experten des ADAC auch, dass rücksichtsloses Verhalten an Gefahrenstellen wie Unfällen, Bau- und Arbeitsstellen in den Anwendungsbereich des § 315c StGB fallen sollen, um Einsatzkräfte stärker zu schützen. Das falsche Absichern von liegengebliebenen Fahrzeugen halten die Experten für verzichtbar.
AK VI: Fußgänger im Straßenverkehr. Täter oder Opfer?
Der VGT trägt der Bedeutung des Fußverkehrs als gleichberechtigte Verkehrsart Rechnung und empfiehlt, die Sicherheit von Fußgängern unter anderem durch folgende Maßnahmen zu erhöhen: Die Bereitstellung ausreichender Flächen, durchgängige und barrierefreie Fußwegenetze und sichere Querungen. Vor dem Hintergrund der hohen Gefährdung von Fußgängern hält der ADAC die Empfehlungen für sinnvoll und deren Umsetzung für notwendig. Auch eine Trennung von Fuß- und Radwegen kann die Sicherheit der schwächsten Verkehrsteilnehmenden erhöhen. Die Weiterentwicklung von Assistenz- und Schutzsystemen in Fahrzeugen sollte zusätzlich konsequent verfolgt werden.
Wichtig für die Wirksamkeit von Sanktionen ist zusätzlich eine hohe Kontrolldichte und eine regelmäßige Überprüfung des Sanktionsrahmens.
Die Ergebnisse und Empfehlungen des Verkehrsgerichtstags liefern wichtige Impulse für die Gesetzgebung und Rechtsprechung zur Weiterentwicklung des Verkehrsrechts und finden regelmäßig Berücksichtigung.