Marihuana selbst anbauen: Was ist aktuell erlaubt?
Seit rund anderthalb Jahren herrscht in Deutschland eine neue Realität im Umgang mit Cannabis. Nach jahrzehntelangen Debatten hat der Bundestag das Cannabisgesetz (CanG) verabschiedet, das Erwachsenen den Besitz und auch den privaten Eigenanbau in engen Grenzen gestattet. Für viele Bürger, auch in der Müritzregion, wirft dies Fragen auf: Was genau darf man im eigenen Garten oder auf dem Balkon anpflanzen? Welche Mengen sind erlaubt, und welche Hürden gilt es zu beachten? Die Antwort ist komplexer, als es zunächst scheint, denn die Freigabe ist kein Freifahrtschein, sondern an strikte Auflagen gebunden.
Drei Pflanzen im Wohnzimmer: Die Kernregeln für den privaten Anbau
Im Zentrum der neuen Regelung steht der private Anbau durch Erwachsene. Jede Person über 18 Jahren darf an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt bis zu drei weibliche Cannabispflanzen gleichzeitig kultivieren. Wichtig ist hierbei der Begriff des Wohnsitzes. Die viel beschworene Gartenlaube im Kleingartenverein oder das Wochenendgrundstück am See fallen in der Regel nicht darunter; der Anbau muss dort stattfinden, wo man gemeldet ist und hauptsächlich lebt.
Parallel zum Anbau regelt das Gesetz den Besitz. Zuhause dürfen bis zu 50 Gramm getrocknetes Cannabis aufbewahrt werden. In der Öffentlichkeit liegt die Grenze bei 25 Gramm. Hier ergibt sich eine erste praktische Hürde: Drei ausgewachsene Pflanzen können leicht eine Ernte produzieren, die weit über den erlaubten 50 Gramm liegt. Das Gesetz löst dies, indem es den Besitz des geernteten, aber noch nicht getrockneten Materials (Nassgewicht) am Anbauort nicht begrenzt, solange es dem privaten Konsum dient und gesichert aufbewahrt wird.
Für den Start benötigen Hobby-Gärtner Saatgut. Dessen Erwerb wurde ebenfalls neu geregelt. Der Kauf von feminisierten Hanfsamen aus EU-Mitgliedsstaaten, etwa über Online-Shops aus den Niederlanden oder Spanien, ist für den privaten Anbau nun legal.
Das Schloss an der Growbox: Schutzmaßnahmen und Rücksichtnahme
Die Legalisierung des Anbaus geht mit einer hohen Verantwortung einher. Der Gesetzgeber schreibt zwingend vor, dass die Pflanzen und das geerntete Cannabis gegen den Zugriff durch Dritte, insbesondere Kinder und Jugendliche, geschützt werden müssen. Ein weiterer Punkt ist die Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft. Das Gesetz verbietet eine „unzumutbare Belästigung“ durch den Anbau. Das Hauptthema ist hier der intensive Geruch, den blühende Cannabispflanzen verströmen. Ein Anbau auf einem offenen Balkon, der direkt an das Schlafzimmer des Nachbarn grenzt, dürfte rechtlich problematisch werden. Gerichte werden künftig klären müssen, was genau als "unzumutbar" gilt. Wer auf Nummer sicher gehen will, muss beim Innenanbau auf hochwertige Aktivkohlefilter setzen, um Gerüche zu neutralisieren.
Die Alternative zum Balkon: Cannabis Social Clubs
Wer den Aufwand des privaten Anbaus scheut oder nicht über die nötigen Räumlichkeiten verfügt, für den sieht das Gesetz eine zweite Säule vor: die Anbauvereinigungen, oft Cannabis Social Clubs (CSC) genannt. Diese dürfen seit dem 1. Juli 2024 den gemeinschaftlichen, nicht-kommerziellen Anbau für ihre Mitglieder betreiben und das geerntete Cannabis an sie abgeben.
Auch hier sind die Regeln streng. Pro Mitglied dürfen maximal 50 Gramm pro Monat (und 25 Gramm pro Tag) abgegeben werden. Für Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren gelten engere Grenzen von 30 Gramm pro Monat und einem limitierten THC-Gehalt. Diese Vereine müssen strenge Auflagen erfüllen, etwa Mindestabstände zu Schulen und Spielplätzen einhalten und Präventionskonzepte vorlegen.
Die neue Gesetzgebung schafft einen legalen Rahmen für den Konsum und Anbau, der jedoch weit von einer vollständigen Kommerzialisierung entfernt ist. Wer sich in der Müritzregion entscheidet, die neuen Möglichkeiten zu nutzen, muss sich penibel an die Vorschriften halten, um Konflikte mit dem Gesetz oder den Nachbarn zu vermeiden.
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