Theatermalerin Annekatrin Härtel aus Rom bei Lübz
Künstlerin und Theaterplastikerin im Landkreis Ludwigslust-Parchim
Die Theatermalerin und Theaterplastikerin Annekatrin Härtel lebt und arbeitet seit rund zwei Jahren in Rom bei Lübz. 2021 hat die gebürtige Erzgebirglerin hier mit ihrem Lebensgefährten ein Grundstück mit zwei baufälligen Gebäuden gekauft. Wenn sie und ihr Partner, ein Jurtenbauer, nicht auswärts bei Aufträgen tätig sind, machen sie Land und Häuser Schritt für Schritt zu einem Heim für sich.
Alle Wege führen nach Rom, weiß der oft zitierte Volksmund. In die Ortschaft Rom bei Lübz gelangt man hauptsächlich über eine Landstraße, die einen dann recht schnell wieder hinausleitet. Dabei sollte man einen Abzweig zur Linken nicht übersehen – den nach Klein Niendorf, das zu Rom gehört. Am Ende dieses Weilers passiert man einen Park mit Teich und ein Haus, auf dem „Jugendclub“ steht. Schräg gegenüber, in einem der letzten Häuser vor dem Dorfausgang, wohnen Annekatrin Härtel und ihr Lebensgefährte Jakob.
Die beiden Freiberufler haben das viertausend Quadratmeter große zugewachsene Grundstück mit dem ehemaligen Wohnhaus und einem alten Stall darauf im Jahr 2021 gekauft. 2022 zogen sie dorthin. Seitdem erschließen sie sich alles Schritt für Schritt. Im Haus, das noch recht baufällig ist, hat sich Annekatrin Härtel ein Atelier mit Materiallager eingerichtet. „Der Raum daneben ist mein Rückzugsraum, falls es mir in der Jurte mal zu eng wird“, sagt die 43-jährige. Derzeit wohnt sie nämlich mit ihrem Partner in einer Kombination aus einer großen und einer kleinen Jurte, die miteinander verbunden sind. In ihnen findet ein großer Teil ihres Zusammenlebens statt: Sie kochen, essen und schlafen darin und bewahren auch ihre Sachen dort auf. Die zwei Jurten, moderne Interpretationen der klassischen mongolischen Modelle, hat der freie Jurtenbauer selbst konstruiert, ebenso wie die Gästejurte, die ein paar Meter entfernt liegt. „Die große Jurte stand zunächst auf einem Grundstück bei Lübstorf nahe Schwerin. Aus dieser Gegend stammt Jakob. Er hat sie dort abgebaut und die Teile dann hier wieder zusammengesetzt“, erzählt Annekatrin Härtel. Auch Katze „Mia“ ist aus der Schweriner Gegend mit nach Klein Niendorf gezogen und hilft nun, die Jurten mit ihren ebenerdigen Eingängen mäusefrei zu halten. „Sie ist zwar schon mindestens zwölf Jahre alt und hat keinen Zahn mehr im Mäulchen, aber irgendwie schafft sie es“, sagt die Künstlerin und lacht.
Diplom als Theatermalerin und als Theaterplastikerin an der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) Dresden absolviert
Auf mehreren der Kunstwerke, die Annekatrin Härtel in ihrem Atelier ausgestellt hat, sind griechische Schriftzeichen zu sehen. „Ich habe ein Faible für alte Mythen und Religionen und bin daher mehrfach nach Griechenland gereist. Nach dem ersten Urlaub dort begann ich, Griechisch zu lernen, und kann mich mittlerweile vor Ort ganz gut verständigen.“ Sprachen bildeten gemeinsam mit der Kunst schon zu der Zeit, als die gebürtige Erzgebirglerin in der Nähe von Zwickau zur Schule ging, ihre Interessenbereiche. „Ich musste mich dann entscheiden, welchen davon ich zum Beruf machen wollte. Am Ende wurde es die Kunst, und zwar die praktische, angewandte Spielart.“ So erwarb Annekatrin Härtel 2004 ihr Diplom als Theatermalerin und 2006 das als Theaterplastikerin an der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) Dresden. Seitdem ist sie in beiden Richtungen selbstständig tätig. „Diese Mischung aus Kunst und Handwerk ist einfach meins“, sagt sie dazu.
Dass sie sensibel für die Wünsche anderer ist, kommt ihr hier entgegen: Denn sie muss erspüren, was der Bühnenbildner, mit dem sie zusammenarbeitet, genau will, und es dann umsetzen. „Manche Bühnenbildner geben einem akribisch vor, welche Fläche mit welcher Farbnuance ausgemalt werden soll, andere lassen einem mehr Freiheit.“ Wenn sie Zeit hat, beschäftigt sich die Künstlerin detailliert mit der Inszenierung und der Rolle des Bühnenbildes darin. „Am Ende geht es stets um den Effekt: Viele Details wirken ganz anders, wenn Scheinwerfer sie anstrahlen. Das muss man stets im Hinterkopf behalten.“ Für Annekatrin Härtel wechseln sich Perioden der Auswärtsarbeit mit solchen ab, wo sie zuhause in Klein Niendorf ist. Im letzten Jahr beispielsweise baute sie gemeinsam mit anderen Künstlern an der Hamburger Staatsoper für mehrere Monate eine große Plastik, die eigentlich auf einem Moskauer Hochhaus steht, aus Styropor nach. Seit vier Jahren kooperiert sie mit dem Piratentheater Grevesmühlen und malt dort Dekorationen an. Sie wirkt auch in einer freien Theaterwerkstatt in Kuhstorf bei Hagenow mit und baut dort Dekos für Shows und Musicals. Wenn sie zuhause ist, arbeitet sie die Dinge auf, die sonst liegenbleiben: widmet sich dem Garten und dem Haushalt oder saniert gemeinsam mit ihrem Partner das Innere der Gebäude weiter. Daneben erschafft sie im Atelier Kunstwerke ohne festen Auftrag.
Alles das ist wenig planbar. Werbung für sich macht die gebürtige Sächsin kaum. Die meisten Aufträge erreichen sie über Mundpropaganda oder den Kontakt zu ehemaligen Kooperationspartnern. In der ersten Sommerhälfte dieses Jahres stellte Annekatrin Härtel mehrere ihrer Werke zu einer kleinen Ausstellung zusammen. Diese zeigte sie im Rahmen der „Lupinale“ Südwestmecklenburg unter dem Namen „Zwischen Licht und Dunkelheit – ein abendlicher Gartenbesuch“ in der ersten Julihälfte auf ihrem Grundstück. Für die Zeit vom 2. August bis zum 30. September gestaltet sie im „Zentrum für Zirkuläre Kunst“ in Lübz zwei Räume – unter dem Titel „Kunst/Handwerk“. Mit der gezielten Gegenüberstellung dieser Genres möchte sie zur Diskussion einladen. Denn auch wenn sie in ihrem Schaffen beide verbindet, kann man sie auch als Gegensätze sehen. „Ich freue mich jedenfalls auf anregende Gespräche.“