Weinanbaugebiet am Fleesensee

Seit etwa sechs Wochen wachsen rund 3.600 kleine Rebstöcke aus dem französischen Weinanbaugebiet Champagne auf einem Hektar Land hinter dem Park am SCHLOSS Hotel Fleesensee. Dieses Jahr wird der Ertrag wohl noch nicht dazu reichen, Wein oder Sekt daraus herzustellen. Doch in drei Jahren könnte man hier genug Trauben für 2.000 Liter edles Getränk ernten, hofft Harald Schmitt, Geschäftsführer der Fleesensee Hotelbetriebsgesellschaft m. b. H.
Die jungen Reben sind derzeit etwa einen halben Meter hoch. Bei den meisten schauen die Spitzen oben bereits aus den Körbchen heraus, die sie davor schützen sollen, dass das Wild sich an ihnen gütlich tut. „Die Rehe fressen gerne die Triebe oben ab. Daher versuchen wir die Tiere zu vergrämen“, berichtet Harald Schmitt und streicht über eine der Reben. Landwirt Mike Schöttler, der zum schlosseigenen Landwirtschaftsunternehmen gehört, zeigt auf eine Reihe Bäume, die unterhalb des sanften Hanges mit den Reben stehen. „Diese Obstbäume befanden sich vorher auf dem Hektar Land, wo nun der Weinberg ist. Wir haben sie umgepflanzt und glauben, dass sie an dem neuen Ort besser gedeihen als hier, wo der Boden nicht günstig für sie war.“ Nun wachsen auf den zwei kleinen Flurstücken die rund 3.600 Reben der Sorten Chardonnay, Pinot Meunier und Pinot Noir. Sie wurden aus der Champagne an den Fleesensee gebracht. Dieses Jahr werden sie wohl noch keinen großen Ertrag bringen, aber nach Harald Schmitts Erfahrung könnte das in drei Jahren anders sein: Trauben für rund 2.000 Liter Wein oder Sekt seien dann durchaus drin. „Irgendwann haben wir vielleicht dann auch Früchte für bis zu 5.000 Liter“, hofft der Geschäftsführer der Fleesensee Hotelbetriebsgesellschaft m. b. H. in Göhren-Lebbin. Zu dieser gehören außer dem SCHLOSS Hotel Fleesensee noch drei weitere Hotels in der Region.
Die Idee für den Fleesensee-Weinberg stammt vom Winzer Theo Gehring aus dem rheinhessischen Nierstein. „Er war hier im Urlaub und fuhr während seines Aufenthaltes natürlich auch mit offenen Augen durch das Resort. Dabei fiel ihm auf, dass hier eine Kreidemoräne liegt, dank derer der Boden ähnlich ist wie der in der Champagne, wo die Erde auch sehr kalkreich ist“, erzählt Harald Schmitt. Der Gedanke, dass man hier auch dieselben Rebsorten anbauen könnte wie in dem französischen Weinbaugebiet, das einst als nördlichstes Europas galt, lag dann nahe. Nachdem man nach einem Fehlversuch ein geeignetes Areal gefunden und den Weinanbau beim Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung in Bonn angemeldet hatte, kamen vor rund sechs Wochen endlich die Reben in den Boden. Wenn sie groß genug sind, um genügend Trauben zu tragen, beginnt ein bundeslandübergreifender Produktionsprozess: Die Früchte werden gelesen, also gepflückt, zu Theo Gehrings Weingut nach Nierstein gebracht und dort zu Wein oder Sekt verarbeitet. Die wertvolle Flüssigkeit wird danach abgefüllt und nach Göhren-Lebbin gebracht. „Bis die ersten Flaschen hier eintreffen, müssen wir noch einen Keller zum Lagern finden“, meint Harald Schmitt. Der Geschäftsführer möchte vor allem „Schaumwein nach Art der Champagne“ produzieren lassen, der dann allerdings keinen Namen wie etwa „Göhren-Lebbiner Schlosshang“ tragen darf, da es sich hier nicht um ein anerkanntes Weinanbaugebiet handelt. Auf dem Etikett des erwartungsgemäß eher höherpreisigen Getränks steht dann lediglich „Deutscher Sekt“ oder „Deutscher Schaumwein“. Harald Schmitt hofft aber, dass das Logo des Schlosses darauf abgedruckt sein wird, um dem Produkt etwas Unverwechselbares zu verleihen. Grundsätzlich kann aus den Trauben natürlich auch Wein der drei genannten Sorten entstehen, wenn sie durch genügend Sonne einen ausreichenden Zuckergehalt erreichen, der in Öchsle gemessen wird. Eine Mischung der drei Weinsorten, in der Fachsprache „Cuveé“ genannt, ist ebenfalls denkbar.
Göhren-Lebbin ist mit seinem Weinberg im übrigen kein Pionier in Mecklenburg-Vorpommern. Die Zeiten, da die Champagne Europas nördlichstes Weinbaugebiet war, sind lange vorbei: Auch in unserem Bundesland wachsen bereits an mehreren Orten Reben, die zu Wein oder Sekt verarbeitet werden. Das edle Getränk aus den Fleesensee-Trauben plant Harald Schmitt vor allem innerhalb der vier Hotels zu vermarkten, die zu der Betriebsgesellschaft gehören. Um die langfristige Finanzierung auf mehrere Säulen zu stellen, erwägt er, für Crowdfunding unter den Gästen zu werben und Patenschaften für einzelne Rebstöcke zu vergeben. „Der Lohn wäre dann eine Flasche edler Wein oder Sekt.“