
2015 gründeten engagierte Bürger um die Künstlerin Heide-Marlis Lautenschläger das Archiv Bildende Kunst Mecklenburgische Seenplatte. Diese Initiativgruppe sammelte vor allem Nachlässe von Künstlern aus der Region, archivierte sie und arbeitete sie für die kunstwissenschaftliche Forschung auf. Träger war der Landkreis. Nachdem vor einem knappen Jahr bereits die Trägerschaft zur kreiseigenen MuSeEn gGmbH gewechselt war, entstand nun vor einigen Wochen aus der Initiativgruppe der Verein Archiv Bildende Kunst Mecklenburgische Seenplatte. „Damit können wir die Verantwortung auf mehr Schultern verteilen und die Arbeit an den Werksammlungen erweitern“, sagt der Vereinsvorsitzende Sven Rose.
Die Schriftsteller haben den Bildenden Künstlern etwas voraus: Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gilt es als ein zentrales kulturpolitisches Anliegen Deutschlands, ihre Nachlässe in zahlreichen Archiven als schützenswertes kulturelles Erbe zu bewahren. Erst in jüngerer Zeit begann man, mit Nachlässen der Bildenden Künstler und auch ihren Vorlässen – Werken, die sie schon zu Lebzeiten an andere übergeben haben – ähnlich sorgsam umzugehen. In Deutschlands flächenmäßig größtem Landkreis kann man das am Beispiel der Initiativgruppe um die 1941 geborene freischaffende Künstlerin Heide-Marlis Lautenschläger sehen: Aus ihrem Engagement und mit der Unterstützung mehrerer Mitstreiter gründete sich am 5. Oktober 2015 das Archiv Bildende Kunst Mecklenburgische Seenplatte. Der Landkreis fungierte übergangsweise als Träger. Kernaufgabe war es, ausgewählte Vorlässe und Nachlässe an Malerei, Grafik und Bildhauerei von Künstlern zu sammeln, die mit dem Landkreis verbunden sind, weil sie beispielsweise hier geboren wurden oder lange gelebt haben. Danach archivierte man sie und arbeitete sie für die kunstwissenschaftliche Forschung auf. Auch schriftliche Dokumente, wie Briefe oder Tagebücher, aus dem Berufsleben der Künstler nahm man auf und erhielt so wichtiges Hintergrundwissen zu den Werken selbst.
Dabei wählte ein Fachbeirat aus Künstlerkollegen in der Regel zehn bis zwanzig Werke des jeweiligen Malers, Grafikers oder Bildhauers aus, die verschiedene Schaffensperioden repräsentieren und so einen möglichst facettenreichen Gesamteindruck des Schaffens geben. Bisher sind eine Handvoll Künstler im Archiv vertreten. Es sollen auf jeden Fall mehr werden. Die Gruppe um Heide-Marlis Lautenschläger hatte bei ihren verschiedenen Aktivitäten – unter anderem präsentierte sie die Kunst werke unter dem Titel „Lebenszeichen“ der Öffentlichkeit – wertvolle praktische Erfahrungen im Umgang mit den Nachlässen erworben. Um rechtlich abgesichert und kontinuierlicher arbeiten zu können, gründete sich vor einigen Wochen aus der Initiativgruppe der Verein Archiv Bildende Kunst Mecklenburgische Seenplatte e. V. Bereits im Dezember war die Trägerschaft an die kreiseigene MuSeEn gGmbH mit Sitz in Demmin übergegangen. „Die Mitglieder der Initiativgruppe hatten sich bei der Vereinsgründung ausbedungen, dass jemand aus der gGmbH den Vorsitz übernimmt“, berichtet Sven Rose, der diese Funktion nun innehat. Er ist der Kaufmännische Leiter der MuSeEn gGmbH. „Durch die Vereinsgründung können wir Arbeit und Verantwortung auf mehr Schultern verteilen und als juristische Einheit unabhängiger von Einzelpersonen agieren“, sagt er.
Mit der neuen Organisationsform kann man nun auch professionell tragfähige Strukturen und eine regionale Vernetzung im Landkreis aufbauen, zum Beispiel durch die Zusammenarbeit mit Schulen, anderen Bildungseinrichtungen oder Vereinen. „Der Geschichts- oder Kunstunterricht kann zum Beispiel mit Angeboten aus dem Archiv ergänzt werden, entweder in analoger oder vielleicht später auch in digitalisierter Form“, so ein Ansatz von Heide-Marlis Lautenschläger. Perspektivisch möchte man auch das Marketing ausbauen und neue, idealerweise jüngere Mitstreiter gewinnen. Die Ausstellungen einzelner Werksammlungen finden nach wie vor in den Archivräumen in Neubrandenburg statt, auf rund 400 Quadratmetern in einer ehemaligen Kindertagesstätte auf der Baumhaselstraße. Wenn es gelingt, mehr tatkräftige ehrenamtliche Unterstützung zu finden, könnte man die Öffnungszeiten dieser Ausstellungen mit dem Titel „Lebenszeichen“ erweitern. Der Vereinsvorsitzende Sven Rose kann sich auch vorstellen, einen Teil der Werke im „Drei-Königinnen-Palais“ auf der Schlossinsel in Mirow zu zeigen und damit einen weiteren Standort zu etablieren. Denn dieses Museum wird von der MuSeEn g GmbH betrieben.