Beratung zum Wolfsmanagement
Minister Backhaus: Runter von der Bremse beim Wolfsmanagement
Nach Abschluss der intensiven Verhandlungen der 73. Umweltministerkonferenz in Bad Dürkheim zeigt sich der Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt, Dr. Till Backhaus, im Grundsatz zufrieden mit den erzielten Beschlüssen.
„Ich stehe bei den Weidetierhaltern im Wort, dass wir endlich zu praxistauglichen Lösungen für die Entnahme von Wölfen kommen, die mit Zäunen geschützte Weidetiere angreifen. Die auf der UMK geeinte Überarbeitung des Praxisleitfadens ist ein erster Schritt, greift mir aber zu kurz. Es ist nicht zielführend, dass jedes Bundesland eigene Wege geht. Wir brauchen einen rechtsverbindlichen Rahmen für ein beschleunigtes Entnahmeverfahren. Deshalb fordere ich bereits seit langem, dass ins BNatSchG eine Ermächtigung für eine Rechtsverordnung des Bundes aufgenommen wird. Wesentliche Bestandteile des Praxisleitfadens könnten dann mittels Rechtsverordnung der Länder als Rahmen für ein beschleunigtes Verfahren dienen.
Außerdem haben wir uns erneut dafür ausgesprochen, den in der Umsetzung der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (FFH) noch bestehenden Spielraum vollständig auszuschöpfen und den bislang ungenutzten Art. 16 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie (siehe Hintergrund) bezogen auf die Art Wolf in das BNatSchG zu überführen.
Auch bei der Frage des „günstigen Erhaltungszustands“ müssen wir zu gangbaren Lösungen kommen und dabei den regionalen Unterschieden hinreichend gerecht werden. Unser erklärtes Ziel ist es, dass die Art Wolf in den Anhang III der Berner Konvention sowie in den Anhang V der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen eingestuft und damit der Schutzstatus von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabgestuft wird.“
Ein weiteres zentrales Thema der UMK war – auch mit Blick auf die aktuellen Überschwemmungsereignisse – die Frage der Klimaanpassung durch Wasserrückhalt in der Fläche sowie die Verbesserung des Hochwasserschutzes.
„Der Klimawandel ist auch in Deutschland angekommen. Ausgeprägte Dürreperioden und Starkregenereignisse sind mittlerweile längst keine Seltenheit mehr. Darauf müssen wir reagieren“, betont der Minister. Wir müssen zu einem möglichst naturnahen Landschaftswasserhaushalt und einen verbesserten Wasserrückhalt in der Fläche kommen. Dafür bedarf es einer verlässlichen, langfristig planbaren Finanzierung von Klimaanpassungsvorhaben, die über die verbandliche Wasserwirtschaft umgesetzt werden. Die unterschiedlichen Verbände sind wichtige Akteure bei der Erreichung der Klimaziele. Sie werden häufig von den Kommunen getragen, unterstützen und entlasten diese bei der Erfüllung wasserwirtschaftlicher Aufgaben. Die Verbände sind in der Fläche etabliert, verfügen über die erforderliche Orts- und Fachkenntnis und Erfahrungen sowie Nähe zu den Flächeneigentümern, -nutzern und anderen von wasserwirtschaftlichen Maßnahmen Betroffenen. Die Bundesländer sind jedoch nicht in der Lage, die erforderlichen Aktivitäten alleine kurzfristig und vollumfänglich zu finanzieren, weshalb auch der Bund, der die Gesamtverantwortung für die Erfüllung der Klimaschutz- und Klimaanpassungsziele trägt und die entsprechende Gesetzgebung auf den Weg gebracht hat, sich aktiv an der Finanzierung beteiligen muss. Die Finanzierung muss langfristig ausgerichtet sein, um den Aufbau und Bestand schlagkräftiger Strukturen zur Maßnahmenumsetzung zu sichern. Zeiträume klassischer EU-Förderperioden reichen auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels nicht aus.“
Hintergrund:
Nach dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes vom 12. April 2024 ist eine Überarbeitung des Praxisleitfadens Wolf erforderlich, um den Hinweisen des Gerichts gerecht zu werden.
Das Gericht hatte unter anderem festgestellt, dass es für eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Absatz 7 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) nicht darauf ankomme, dass bereits ein ernster Schaden eingetreten sei, sondern ob ein solcher Schaden drohe. Hierfür sei eine verlässliche Schadensprognose erforderlich. Hierzu stellte das Gericht fest, dass die praktizierte Klassifizierung von bestimmten Regionen als Gebiete mit erhöhtem Rissvorkommen dafür allein nicht ausreiche. Für eine verlässliche Schadensprognose sei nach Auffassung des Gerichts immer eine einzelfallbezogene Würdigung der konkreten Umstände erforderlich. Die Schadensprognose dürfe auch nicht allein auf Aspekte des Sozialverhaltens gestützt werden, zum Beispiel darauf, dass die Elterntiere ihr erlerntes und gefestigtes Beuteverhalten innerhalb des Rudels und über weitere Generationen an Nachkommen weitergeben. Ein wichtiger Punkt für das Gericht war auch, dass mögliche Alternativen, wie die Verbesserung des Herdenschutzes, durch die zuständigen Behörden hinreichend zu prüfen und zu begründen sind.
Auszug aus Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e)
(1) Sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, können die Mitgliedstaaten von den Bestimmungen der Artikel 12, 13 und 14 sowie des Artikels 15 Buchstaben a) und b) im folgenden Sinne abweichen:
a) …
e) um unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß die Entnahme oder Haltung einer begrenzten und von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tier- und Pflanzenarten des Anhangs IV zu erlauben.