Das Bildungsniveau in Deutschland hat sich in den vergangenen zehn Jahren dramatisch verschlechtert. Vor allem in den Bereichen Schulqualität, Integration und Bildungsarmut gibt es negative Entwicklungen. Mecklenburg-Vorpommern verschlechtert sich im INSM-Bildungsmonitor 2023 auf Platz 11 der 16 Bundesländer. Das ist das Ergebnis der Langzeitanalyse im Rahmen des Bildungsmonitors der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Bildungsministerin Simone Oldenburg hat den Bildungsmonitor 2023 der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft unterdes als nicht aussagekräftig bezeichnet, um das Bildungssystem in Mecklenburg-Vorpommern zu beschreiben und Verbesserungen herbeizuführen.
Das Fazit der Studienautoren des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW): Auf zehn Jahre Fortschritt folgten zehn Jahre mit steigendem Handlungsdruck. Im aktuellen Ländervergleich schneiden erneut Sachsen, Bayern und Thüringen am besten ab. Allerdings ist auch in Sachsen und Thüringen das Niveau in den letzten zehn Jahren gesunken, in Bayern nur minimal gestiegen. Besonders große Herausforderungen haben die drei Schlusslichter Brandenburg, Berlin und Bremen. Baden-Württemberg, aktuell auf Platz 5 im Ländervergleich, hat gegenüber 2013 am deutlichsten verloren (- 9,6 Punkte).
Die Vergleichsstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) bewertet anhand von insgesamt 98 Indikatoren in 13 Handlungsfeldern, inwieweit ein Bundesland Bildungsarmut reduziert, zur Fachkräftesicherung beiträgt und Wachstum fördert.
Ausgewählte Ergebnisse INSM-Bildungsmonitor 2023 - Mecklenburg-Vorpommern weist in den Handlungsfeldern Forschungsorientierung, Integration und Förderinfrastruktur Stärken auf:
- Die Promotionsquoten sind in Mecklenburg-Vorpommern sehr hoch.
- An allgemeinbildenden Schulen machen viele ausländische Jugendliche das Abitur.
- Viele Kinder besuchen eine Ganztags-Kita.
Verbesserungspotenzial besteht in Mecklenburg-Vorpommern in den Handlungsfeldern Zeiteffizienz, Digitalisierung, Ausgabenpriorisierung und Hochschule/MINT:
- Viele Ausbildungsverträge werden vorzeitig aufgelöst.
- Es werden vergleichsweise wenige junge Menschen in Informatik ausgebildet.
- Die Bildungsausgaben je Kind bzw. Jugendlichem sind an den Schulen und Berufsschulen vergleichsweise niedrig.
- Geringer Anteil der MINT-Wissenschaften am Personal der Hochschulen.
IW-Studienautor Prof. Dr. Axel Plünnecke: „Die Kitas und Schulen haben noch keine gute Antwort darauf gefunden, dass die Schülerschaft in den vergangenen Jahren deutlich heterogener wurde, ein steigender Anteil zu Hause nicht Deutsch spricht oder nur wenige Bücher im Haushalt besitzt. Die Folge: Die Ergebnisse von Kindern aus Haushalten mit Migrationshintergrund oder von bildungsfernen Haushalten sind besonders stark gesunken. Leichte Verbesserungen bei der Ganztagsinfrastruktur und den Betreuungsrelationen konnten diese Verschlechterungen der Bildungsergebnisse nicht umkehren. Es fehlt an Qualität beim Ganztag und an gezielter Förderung. Internationale Vergleiche zeigen, dass es anderen Ländern besser als Deutschland gelingt, den Bildungserfolg von der familiären Herkunft zu entkoppeln.“
Die Forscher des IW Köln fordern unter anderem einen Ausbau der frühkindlichen Bildung, mehr Schulautonomie, jährliche Vergleichsarbeiten in allen Klassenstufen, gezielte Förderung und bessere Verwaltungsstrukturen. Auch werden mehr hochwertige Ganztagsangebote gebraucht. Das Angebot an Lehrkräften müsse durch zielorientierte Zulagen gesichert werden. Es sollten die Chancen der Digitalisierung besser genutzt sowie demokratische Kompetenzen und Weltoffenheit vermittelt werden. INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben fordert eine „Zeitenwende in der Bildungspolitik“. Deutschland verliere in vielen Bereichen den Anschluss an die Weltspitze, seit einigen Jahren auch in der Bildungspolitik, so Alsleben: „Bildung ist der Schlüssel, um Deutschland aus der Abwärtsspirale zu holen. Wann handeln Bund und Länder endlich?“ Alsleben sieht es sehr kritisch, dass immer mehr Kinder in der Grundschule nicht ausreichend Deutsch sprechen: „Die Herausforderungen durch massive Zuwanderung haben leider auch viele Schulen überfordert. Die Länder müssen umsteuern und viel mehr in frühkindliche Bildung investieren. Wir brauchen eine Vorschulpflicht für alle, die nicht oder schlecht Deutsch sprechen.“ Schulen mit hohem Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Sprachdefiziten müssten viel besser ausgestattet und die betroffenen Lehrkräfte mehr unterstützt werden, so die Forderung der INSM.
Bildungsministerin Oldenburg: In der Schule steht die Bildung der Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt
„Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft will mit dem Bildungsmonitor nach eigenen Angaben zeigen, inwieweit das Bildungssystem eines Bundeslandes zum Wachstum und Wohlstand der Wirtschaft beiträgt. Das kann und darf nicht unser primärer Ansatz sein. Lehrerinnen und Lehrer unterstützen junge Menschen bei der Wissensaneignung. Sie bereiten sie auf das Leben vor und fördern sie, damit sie selbstbestimmt agieren können. In der Schule steht die Bildung der Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt“, betonte Bildungsministerin Simone Oldenburg.
„Wir können die Ergebnisse des Bildungsmonitors nicht losgelöst von den Zielen der Untersuchung betrachten. Für eine Schulverwaltung ist diese Studie jedenfalls nicht hilfreich. Ich kann nicht erkennen, welchen gesamtgesellschaftlichen Wert hohe Habilitations- und Promotionsquoten in Abgrenzung zur Berufsausbildung haben sollen. Ich kann nicht erkennen, dass ein Vergleich der Quote von Akademikerinnen und Akademikern im Elementarbereich zwischen den Bundesländern sinnvoll ist, weil überhaupt keine akzeptierte Zielgröße für diesen Wert besteht. Ich kann auch nicht erkennen, dass ein Wechsel einer Ausbildung grundsätzlich etwas Schlechtes ist, wenn Jugendliche früh erkennen, dass sie sich getäuscht haben und einen anderen Beruf wählen“, so die Bildungsministerin.
„Gleichwohl setzen wir uns täglich dafür ein, um die Situation in der Kindertagesförderung und die Lernbedingungen an den Schulen zu verbessern. Mit der geplanten KiföG-Änderung wollen wir in der Kita das Fachkraft-Kind-Verhältnis von 1:15 auf 1:14 senken. Vorgesehen ist, dass von September 2024 an eine Erzieherin bzw. ein Erzieher durchschnittlich 14 Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Eintritt in die Schule betreut. Wir prüfen auch, ob wir in der Krippe das Betreuungsverhältnis verbessern können“, erklärte Oldenburg.
„Durch unser neu eingerichtetes Frühwarnsystem informieren die Schulen rechtzeitig und zweimal im Schuljahr über eine jahrgangsbezogene Gefährdung des Bildungserfolgs von Schülerinnen und Schülern. Mit dem freiwilligen 10. Schuljahr an Regionalen Schulen und Gesamtschulen haben mehr Jugendliche die Möglichkeit, einen bundesweit anerkannten Schulabschluss zu erlangen. Mit dem neuen Konzept zur Beruflichen Orientierung, das zum Schuljahr 2024/2025 in Kraft tritt, sollen Schülerinnen und Schüler noch gezielter den Beruf anstreben, der ihren Neigungen entspricht. Die Landesregierung und die Sozialpartnerinnen und Sozialpartner hatten sich im Zukunftsbündnis darauf verständigt, die Berufliche Orientierung an den Schulen weiterzuentwickeln. Alle Partnerinnen und Partner arbeiten hier eng zusammen. Mit dem DigitalPakt unterstützen Bund und Länder die Schulträger bei der Ausstattung der Schulen mit digitalen Medien. Für schnelle WLAN-Verbindungen können wir allerdings nicht sorgen, weil die Schulverwaltung keine Breitbandkabel verlegt“, so die Ministerin.