Schüler des RBB Müritz und des Torgelower Schlossgymnasiums erleben Unfallszenarien

Mit regem Getuschel füllten am Donnerstagnachmittag über 100 Schüler die Aula des Regionalen Beruflichen Bildungszentrums (RBB) in Waren (Müritz). Plötzlich flimmerte eine Unfallmeldung über die Leinwand, ebenso plötzlich war es still in dem großen Saal. Gebannt verfolgten die angehenden Tischler und Elfklässlern des RBB Müritz und des Torgelower Schlossgymnasiums die Szenen vom Tod eines 18jährigen Fahranfängers bei Lübtheen. „Ich denke, diese Nachricht hat sie abgeholt. Auch ich wurde einst mit der Nachricht von Tod meiner Schwester und ihres Mannes abgeholt“, begrüßte Schulleiterin Birgit Köpnick die Teenager und appellierte, ordentlich im Straßenverkehr zu fahren. Und darauf zielte auch die folgende Präventionsveranstaltung ab. „Der Crashkurs MV wird ungeschönt und hart“, übernahm Torsten Dowe das Wort. „Im vergangenem Jahr starben 86 Menschen in MV. 86 Mal mussten wir an Türen klingeln und Todesnachrichten übermitteln. Wir zeigen und erzählen euch keine ausgedachten Geschichten, sondern Schicksale, die passiert sind“, so der Polizeihauptkommissar, der deutlich machte: „Autos sind wie Waffen.“ Erneut wurden Unfallfotos über den Beamer abgespielt. Bedrückende Musik unterstrich die Bilder. Mit „Anfangs noch heiße Musik, dann das kalte Ende und unendliche Stille beendeten die Fahrt und das Leben. Gestorben im Sarg namens Auto“, endete die Sequenz.
Still betrat Feuerwehrmann Jens Peters die Bühne, holte einmal tief Luft und begann von unzähligen erlebten Verkehrstoten zu erzählen. Einen schweren Unfall beschrieb der Retter genauer. Beschrieb den Tod eines 19-Jährigen zwischen Malchin und Stavenhagen. „Ihr seht nur Bilder. Wir erleben die Gerüche und Hilfeschreie“, so der Feuerwehrmann, der die vielen schrecklichen Szenarien nicht überwinden konnte. „Ich bin gesundheitlich angeschlagen und musste meine Einsatzjacke an den Nagel hängen“, erklärte Peters, der zahlreiche Discounfälle zwischen Malchin und Neukalen erleben musste. Seit sechs Jahren rettet Jens Peters nicht mehr aktiv bei der Feuerwehr, aber präventiv. Mit Crashkurs MV verarbeitet er die schweren Verkehrsunfälle und will Jugendliche vor diesem Schicksal bewahren.
Auch Notarzt Thomas Hanff musste in seinen Diensten immer wieder zu tödlichen Verkehrsunfällen ausrücken. Zwar kam er etwas später zu Crashkurs MV in das RBB Müritz, nutze dies aber auch gleich als Mahnung. „Kommt lieber fünf Minuten später an, als eine Minute früher auf den Friedhof“, so der Notarzt. Mit einem schweren Verkehrsunfall wollte auch Thomas Hanff die Jugendlichen wachrütteln. „Es war im Mai, der Raps blühte als zwei junge Motorradfahrer an einem Apfelbaum bei Rittermannshagen starben“, erinnerte sich der Notfallmediziner und beschrieb den eindrucksvoll den Einsatz. Mahnend hielt er die originalen Helme der Jugendlichen in den Händen. „Das Gute am menschlichen Gehirn ist, das wir vergessen können - die Namen der beiden, kann ich nicht vergessen“, endete Thomas Hanff.
Ähnlich erging es auch Thomas Gebel, der von drei toten Jugendlichen nach einem Unfall berichtete. „Der hintere Mann war nicht angeschnallt. Zwei Meter Stoff hätten sein Leben retten können, das er einfach weggeworfen hat“, mahnte der Polizist, der erst am Karfreitag wieder einen Toten nach einem Verkehrsunfall in die Statistik 2019 eintragen musste.
Ebenso sinnlos war der Tod dreier Frauen, die Notfallseelsorger Ralf Ott erlebte. „Ich musste damals die Angehörigen der Opfer betreuen“, so der Pastor und forderte „Handy weg vom Steuer.“ Wie Eltern sich fühlen, wenn sie erfahren, dass ihr Kind bei einem Unfall gestorben ist, zeigte Christine Stein auf emotionale Weise. Ihr Sohn und sein Freund starben bereits 1997. „Sie haben ihr Leben auf der Straße weggeworfen und unsers zerstört“, trauert die Frau noch heute. „Tut das euren Eltern nicht an“, forderte Torsten Dowe und kam mit seinen Mitstreitern und den Schülern noch lange nach dem Crashkurs MV ins Gespräch.