
In Malchow widmet sich ein Ensemble von Frauen aller Altersgruppen, die TanzOase e.V., dem Orientalischen Tanz. Dieser wird zwar vereinfacht auch Bauchtanz genannt, seine Bewegungen beschränken sich aber keineswegs auf den Bauch, sondern beanspruchen den gesamten Körper. „Beim Orientalischen Tanz muss man lernen, einzelne Körperteile so zu bewegen, dass der Rest völlig ruhig bleibt. Besonders für Anfänger ist das eine Herausforderung“, sagt Anja Möller, die Trainerin und Choreografin der TanzOase.
Anmutige Schritte und Drehungen, Körper in farbenfrohen Kostümen, wehende Schleier, Blitzen von Pailletten, alles umrahmt von exotischer Musik: Wenn Orientalischer Tanz auf der Bühne dargeboten wird, erleben die Zuschauer ein Feuerwerk der Sinne. Anja Möller und ihre Gruppe bilden regelmäßig einen Teil davon. Dabei kam die Malchowerin, die heute der Kopf der TanzOase e.V. ist, auf eher prosaische Weise zu ihrem Hobby: „Ich suchte nach einem Sport, der meine Rückenschmerzen lindern würde. Auf Empfehlung hin probierte ich es mit dem Orientalischen Tanz, obwohl dieser kein reiner Sport ist, sondern eine Kombination aus Sport und Kunst. Da der Tanz die Muskulatur stärkt, auch die des Beckenbodens, waren die Rückenschmerzen bald weg. Der Orientalische Tanz jedoch gefiel mir so gut, dass ich unbedingt weitermachen wollte“, berichtet Anja Möller, die von Beruf Physiotherapeutin ist. So startete sie vor rund 18 Jahren ihre Ausbildung für diesen Tanz, absolvierte Workshops und Kurse, die sie teils bis in die Türkei oder nach Marokko führten. Seit fünf Jahren leitet sie den Verein TanzOase in Malchow, trainiert dort derzeit eine große Gruppe von Frauen zwischen 17 und 63 Jahren und schreibt die Choreografien. „Der Orientalische Tanz ist ein sehr weiblicher Tanz, obwohl er durchaus auch von Männern ausgeübt wird. Und er ist eine Art Ganzkörpertraining: Man muss sogenannte isolierte Bewegungen üben – so rotiert beispielsweise der ganze Oberkörper und die Hüften bleiben völlig ruhig. Dies ist besonders für Anfänger nicht ganz einfach“, meint Anja Möller, die sich auch noch gut an ihren eigenen Einstieg in den Tanz erinnert. Die Frauen, die sie anleitet, sind auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen, was das Tanzen angeht. „Am Anfang konnte sich keine von ihnen vorstellen, mal öffentlich aufzutreten. Doch am Ende lockt die Bühne so sehr, dass mittlerweile alle schon einmal darauf getanzt haben.“
Beim Training in der Turnhalle hat jede der Frauen nur zwei oder drei Tücher dabei, mit denen sie ihre Bewegungen unterstreicht. Bei Auftritten und Wettkämpfen jedoch sind Kostüme und Requisiten wie Schleier oder Säbel „die halbe Miete“, wie es Anja Möller ausdrückt. Das Team der TanzOase näht seine Kostüme teils selbst, teils bezieht es sie aus Ägypten, wo sie relativ preiswert sind. Die Kleider sind oft aufwändig gestaltet und mit Blüten oder Pailletten verziert. Die TanzOase Malchow oder Anja Möller als Einzelteilnehmerin starten bei Meisterschaften oder Ausscheiden wie dem Ostsee Dance Cup, treten aber auch bei Veranstaltungen wie dem Malchower Volksfest, dem Burgfest Wredenhagen sowie Betriebs- und Familienfesten auf, wenn sie gebucht werden. Die gesamte Gruppe nahm beispielsweise in diesem Jahr zum dritten Mal am Ostsee Dance Cup teil und gewann – ebenfalls zum dritten Mal. Anja Möller fuhr im September zur Deutschen Meisterschaft im hessischen Baunatal und belegte den zweiten Platz in der Disziplin Show-Fantasy und den dritten in der Disziplin Folklore. Vor solchen Jahreshöhepunkten bleibt es natürlich nicht beim einmaligen Training pro Woche, das derzeit jeden Donnerstag von 18 bis mindestens 20 Uhr stattfindet. Dann übt man die Bewegungsabläufe und Choreografien bei zwei oder drei Treffen wöchentlich, auch in kleineren Gruppen.
Besonders in Wettkampf- oder Auftrittszeiten müssen alle Frauen der Gruppe mehrere Stunden pro Woche für ihr Hobby aufwenden – aber sie tun das gerne, weil sie es schätzen, in der TanzOase aktiv zu sein. „Wir leben hier ein schönes Miteinander“, erklärt Anja Möller. Für die Trainerin und Choreografin ist der Zeitaufwand natürlich noch bedeutend höher, zehn Stunden pro Woche neben dem Training könnten es schon sein, schätzt sie. Zum Glück erhält sie sehr viel Unterstützung von ihrem Mann, der das Team auch mal fährt oder Kulissen baut. Jetzt, zum Herbst hin, ist es etwas ruhiger. Aber der nächste große sportliche Höhepunkt für die Tänzerinnen ist bereits in Sicht: Anja Möller und ihre Kolleginnen planen eine Show zum achten März und überlegen sich schon, wie diese aussehen könnte.
Wenn man das Training der Tänzerinnen in Malchow verfolgt oder sich Videos von Auftritten und Wettkämpfen anschaut, fallen im Übrigen zwei Vorurteile, die über den Orientalischen Tanz kursieren. Zum einen sind keineswegs nur mollige Frauen aktiv – die Kleidergrößen der Teilnehmerinnen bewegen sich geschätzt zwischen 36 und 52. Zum anderen erreichen nicht nur Frauen ein hohes Niveau, die dem Kulturkreis entstammen, der den Orientalischen Tanz hervorgebracht hat. „Frauen aus diesen Ländern oder beispielsweise Deutsche mit türkischen oder arabischen Wurzeln haben oft eine besondere Ausstrahlung beim Tanzen, etwas Selbstverständliches – schließlich wachsen sie mit diesen Tänzen auf. Frauen aus den hiesigen Breiten können dagegen mit Technik punkten. Das ist nämlich etwas, was man gut lernen kann“, so Anja Möllers Erfahrung.