
Seit gut fünf Jahren betreibt Andrea Fabich-Albrecht den „Dörpladen“ in Alt Schwerin. Schritt für Schritt hat sie gemeinsam mit ihrem Mann, Familie und Freunden die Räume der ehemaligen Polytechnischen Oberschule zu einer Kombination aus Geschäft, Café und Veranstaltungsort ausgebaut. Um den Gästen einen Ort des Miteinanders und der Lebensfreude bieten zu können, nimmt die ehemalige Kindergartenleiterin während der Saison gerne lange Arbeitstage in Kauf. Jetzt, im Winter, erneuern Andrea Fabich-Albrecht und ihre Helfer wie jedes Jahr einige Details im Inneren des Gebäudes und im Außengelände. „Man ist nie fertig“, sagt sie.
Zu DDR-Zeiten war der heutige „Dörpladen“ ein zweckmäßiger Flachbau, wie er in unzähligen Ortschaften stand: Das einstöckige helle Gebäude beherbergte von 1970 bis 1976 die Polytechnische Oberschule Alt Schwerin und danach, als die Schulkinder nach Malchow wechselten, bis zur Wende den Dorfkonsum. Dann gab es verschiedene Versuche, das Haus wiederzubeleben – bis 2010, als Andrea Fabich-Albrechts Mann es kaufte. „Das Gebäude war damals richtig heruntergewirtschaftet“, erinnert sich die gebürtige Sachsen-Anhaltinerin, die einst „der Liebe wegen“ nach Mecklenburg gezogen war. Sie selbst war zu dieser Zeit noch als Kindergartenleiterin in der Region tätig und unterstützte in der Freizeit ihren Mann, der die ehemalige Schule zunächst notdürftig wieder auf Vordermann brachte und 2016 einen kleinen Laden für den täglichen Bedarf darin eröffnete. „Die Leute aus dem Dorf wünschten sich dann, dass man auch im Innenbereich Kaffee trinken könnte“, erzählt Andrea Fabich-Albrecht weiter. So erweiterte das Ehepaar, unterstützt von Familie und Freunden, die Räumlichkeiten schrittweise. Ab 2017 entstand daher etwas, was in der Gegend einzigartig sein dürfte: Der „Dörpladen“ Alt-Schwerin, eine Kombination aus Geschäft, Café und Veranstaltungsort. Die einstige Kindergärtnerin ist nun die selbstständige Inhaberin und wohnt mit ihrem Mann direkt neben dem „Dörpladen“ in dem geschichtsträchtigen Gebäude. „Obwohl ich zu Beginn nicht genau wusste, was auf mich zukommt, habe ich diesen Schritt nie bereut. Bis heute arbeite ich jeden Tag gerne hier.“
Dieser Enthusiasmus trägt Andrea Fabich-Albrecht auch durch die langen Schichten in der touristischen Saison. Dann steht sie meist gegen 3.30 Uhr auf und bäckt als erstes die Köstlichkeiten, für die der „Dörpladen“ bekannt ist: Alt Schweriner Sturmsäcke, eine Art Windbeutel, Schillerlocken, Baisertorte... Brot und Semmeln bekommt sie vorgebacken und „bäckt sie weiter“ - der Backofen ist im „Dörpladen“ ein unverzichtbares Requisit. Belegte Brötchen wollen vorbereitet sein, Kuchen wird geschnitten. „Gegen 6.30 Uhr koche ich dann schon die Kartoffeln für den Salat und klopfe die Schnitzel, bevor ich um 7.15 Uhr den Laden öffne“, berichtet die Inhaberin. Vormittags bedient sie zunächst alleine, später kommt oft die „Konsum-Mutti“ Brigitte Schulze zur Unterstützung. 10.30 Uhr schließt Andrea Fabich-Albrecht den Laden vorübergehend, um das Mittagessen vorzubereiten. Ab 12 Uhr gibt es dann die klassischen Gerichte mit Geschichte, stilecht serviert: Kesselgulasch im Kessel, Würzfleisch im Töpfchen, Kartoffelsalat, Nudeln mit Tomatensoße. Zu besonderen Anlässen kocht die Chefin auch Soljanka oder Alt Schweriner Hochzeitssuppe. Dazu kommen Eisbecher, Waffeln, Kuchen und die verschiedenen Getränke. Nachmittags bedient auch eine Küchenhilfe mit, sonst ist es nicht zu schaffen. „Wir bereiten alles individuell und mit Liebe zu“, sagt Andrea Fabich-Albrecht. Dazu gehört auch, dass mitunter ein besonders gefragtes Gericht schon vor Laden- und Caféschluss um 17 Uhr alle ist. Die Gäste können im großen Raum hinter dem Laden, auf der überdachten Terrasse oder hinten auf dem alten Schulhof im Freien essen und trinken. Der Ladenschluss bedeutet für die Inhaberin noch nicht das Arbeitsende: Danach muss sie noch aufräumen, saubermachen und für den nächsten Tag vorbereiten. Das dauert meist bis mindestens 19 Uhr. Dienstags sind Laden und Café geschlossen. Denn da erledigt Andrea Fabich-Albrecht Büroarbeiten, kauft ein, organisiert die Bandproben und erledigt alles, was an den langen Geschäftstagen liegen geblieben ist. „Ich möchte, dass die Gäste sich bei uns wohl und aufgehoben fühlen. Wenn Kunden nach Waren fragen, die wir nicht in unserem alltäglichen Angebot haben, wie Schnürsenkeln oder speziellen Luftpumpen, bestelle ich diese und sie sind am nächsten Tag da. Wir helfen auch bei praktischen Problemen, zum Beispiel, wenn jemand eine Fahrradpanne hat.“ Außerhalb der Saison können die „Dörpladen“-Betreiber dann ein wenig durchatmen. Nun ist Zeit für Großreinigung, Reparaturen, Neugestaltung der Homepage oder neue Ideen für Drinnen und Draußen.
Andrea Fabich-Albrecht möchte mit ihrem Konzept des „Dörpladens“ Lebensfreude vermitteln und die Menschen miteinander ins Gespräch bringen. „Ich lade sie ein, sich nicht nur an den Tisch zu setzen, sondern auch die Räume anzuschauen, wie unseren Physikraum mit den alten Schulmöbeln oder das Saal-Café mit den Gegenständen aus dem DDR-Alltag, und unsere Fotogalerie zu betrachten.“ Gelegenheit zum Austausch bieten vor allem die Veranstaltungen, die übers Jahr verteilt hier zu erleben sind, wie Faschingsparty, Saisoneröffnung, Regionalmärkte, Spielturniere, Modenschauen, Grillabende oder Oldtimertreffen, oft umrahmt von Musik der hauseigenen Band „TOHUUS“, die aus Andrea Fabich-Albrecht selbst, ihrem Mann und zwei Freunden besteht. In der Saison von April bis Oktober findet vieles draußen statt. „Wir haben überdachte Sitzecken und eine Handvoll Holzhütten aufgestellt, die vor allem für die Märkte genutzt werden, wo man aber auch übernachten kann – stilecht nach den Helden der Kindheit in der DDR benannt, wie Fuchs und Elster.“ Jetzt, Anfang Februar, sind die Vorbereitungen für den Saisonstart in vollem Gang. Ende des letzten Jahres hat der Saal neue Fenster erhalten, mit Unterstützung einiger regionaler Firmen wurden die Parkplätze neugestaltet und eine der Außentüren wurde erneuert. Ab April werden die Gäste einen Lehr- und Spielepfad unweit des Kaninchengeheges vorfinden, wo sie unter anderem kosten können, wie die Küchenkräuter schmecken, die das „Dörpladen“-Team für die Gerichte verwendet. „Wir möchten die Neugierde der Menschen immer wieder neu wecken. Daher sind wir hier auch nie fertig“, sagt Andrea Fabich-Albrecht.