
Die erneut gestiegene Zahl von pflegebedürftigen Menschen zeigt nach Ansicht von Sozialministerin Stefanie Drese den dringenden Handlungsbedarf für weitere Reformen in der Pflege. „Wir brauchen mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen und stärkere Entlastungen für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige“, sagte Drese mit Blick auf die gestern vom Statistischen Landesamt veröffentlichte Pflegestatistik.
Nach Angaben des Statistischen Amtes erhöhte sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen, die Leistungen aus der Pflegeversicherung bezogen, von 2019 bis 2021 um 19.870 auf 122.866. Das entspricht einem Anstieg von 19,3 Prozent.
Drese sprach sich vor diesem Hintergrund erneut für eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung aus. „Wir brauchen zügig belastbare Vorschläge der eingesetzten Bund-Länder-Expertenkommission zur Einführung einer Pflegevollversicherung beziehungsweise zur Ergänzung der Pflegeversicherung um eine freiwillige, paritätisch finanzierte Vollversicherung, die die Übernahme der vollständigen Pflegekosten umfassend absichert“, betonte Drese. Ein Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung müsse in diesem Jahr vorgelegt werden, so die Ministerin.
Die eingeleiteten Maßnahmen, wie die gestaffelten Zuschüsse zu den pflegebedingten Aufwendungen in vollstationären Einrichtungen, die Tariftreueregelung oder die Erhöhung der Pflegemindestlöhne seien erste Schritte in die richtige Richtung. „Sie reichen aber bei weitem nicht aus, um den vielfältigen Herausforderungen zu begegnen“, verdeutlichte Drese.
Als besonders dringendes Problem bezeichnete Drese die stetige Steigerung der Eigenanteile für Bewohner in vollstationären Pflegeheimen. „Um die Eigenanteile zu begrenzen muss dieser Automatismus durchbrochen werden. Der Eigenanteil muss derjenige sein, der fest und starr ist. Und der Teil, der über die Pflegekassen und Zuschüsse kommt, muss dynamisch sein. Deshalb brauchen wir eine Reform der Pflegeversicherung und eine ehrliche Diskussion über die Finanzierung aller wünschenswerten Maßnahmen“, so Drese.
Darüber hinaus fordert Drese eine spürbare Erhöhung des Pflegegeldes. „Das Pflegegeld spielt bei der Versorgung in der Häuslichkeit eine wichtige Rolle und kommt insbesondere der großen Gruppe der pflegenden Angehörigen zu Gute“, sagte die Ministerin.
Noch in diesem Jahr muss die Pflegeversicherung umfassend reformiert werden. Darauf drängt auch der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) nach jüngsten Äußerungen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. "Wenn Minister Lauterbach meint, die Probleme der pflegerischen Versorgung könnten mit einer Verbesserung für pflegende Angehörige erledigt werden und diese könnten dann auch noch als Legitimation für Beitragserhöhungen dienen, verkennt er offensichtlich die Zeichen der Zeit und springt deutlich zu kurz", sagt bpa-Präsident Bernd Meurer.
Die Situation für die Bewohnerinnen und Bewohner in den Pflegeheimen, die Gäste in den Tagespflegen sowie die Patientinnen und Patienten in der ambulanten Versorgung bedürfe dringend der Entlastung. "Die systemrelevante Infrastruktur, die Pflegeeinrichtungen und Dienste gehen auf dem Zahnfleisch, es fehlen die Pflegekräfte - daran hat auch die Bezahlung in Tarifhöhe nichts geändert, deren Refinanzierung viele Pflegekassen weiter schuldig bleiben. Die Einrichtungen ächzen weiterhin unter der Last der Pandemie, nachdem der Rettungsschirm zur Entlastung der Einrichtungen einfach gestrichen wurde.