SARS-CoV-2-Quarantäneverordnung Mecklenburg-Vorpommern

Die Berliner starten heute in die Herbstferien – aber der gewünschte Inlandsurlaub ist für die Hauptstädtler in Mecklenburg-Vorpommern abrupt gestrichen worden. Berlin wurde gestern als sogenanntes „Corona-Risikogebiet“ eingestuft und die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern hat in einer außerordentlichen Kabinettssitzung den Umgang mit Berlinern und MV-Urlaub sowie für Tagestouristen debattiert. Neben einem aktuellen negativen Virus-Test schreibt die Corona-Landesverordnung eine 14-tägige Quarantäne unmittelbar nach der Einreise vor. Zusätzlich gibt es eine Allgemeinverfügung über die Gewährung von Befreiungen nach der SARS-CoV-2-Quarantäneverordnung.
Die Einstufung Berlins als Corona-Hotspot bringe für die Hotel-Branche erneut mehrere Probleme: „Zum einen müssen Beherbergungen jetzt einen erheblichen Aufwand betreiben, was Stornierungen oder Umbuchungen angeht. Zum anderen bekommen sie diese Lücken kaum noch gefüllt“, erläuterte Tobias Woitendorf, Geschäftsführer des Landestourismusverbandes. Die Buchungslage sei im Oktober, wie im Vormonat September, gut gewesen - die Tourismusbranche hatte eigentlich mit guten Buchungen gerechnet.
Aber selbst wenn Urlauber dieses Attest mitbringen, müssen sie sich „unverzüglich und auf direktem Weg für 14 Tage absondern“ also in Quarantäne begeben. Der Urlauber oder Tagestourist kann sich daraus nur befreien, wenn er nach fünf bis sieben Tagen einen weiteren Corona-Test macht, der wiederum negativ ausfällt.
Allgemeinverfügung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit über die Gewährung von Befreiungen nach der SARS-CoV-2-Quarantäneverordnung vom 08. Oktober 2020
Hiermit verfüge ich gemäß § 2 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung der Landesregierung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit §§ 86 Absatz 4, 87 Absatz 4, 123 Kommunalverfassung und § 17 Absatz 1 und 4 Landesorganisationsgesetz:
Von der Absonderungspflicht nach § 1 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 5 der Verordnung der Landesregierung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Mecklenburg-Vorpommern sind mit sofortiger Wirkung befristet bis zum 12. Oktober 2020 folgende Personen, die aus einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt nach Mecklenburg-Vorpommern einreisen oder darin ihren Wohnsitz haben, in dem in den letzten sieben Tagen vor der Einreise die Zahl der Neuinfektionen laut der Veröffentlichung des Robert Koch-Institut pro 100.000 Einwohner höher als 50 ist, bei Einhaltung angemessener Schutz- und Hygienekonzepte befreit:
- die beruflich bedingt grenzüberschreitend Personen, Post, Waren und Güter auf der Straße, der Schiene, per Schiff oder per Flugzeug transportieren;
- als Abgeordnete dem Landtag des Landes Mecklenburg-Vorpommern, dem Deutschen Bundestag oder dem Europäischen Parlament oder als Mitglied einer Landesregierung oder der Bundesregierung angehören;
- deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung:
- der Land- und Ernährungswirtschaft, des Lebensmitteleinzelhandels sowie des Lebensmittelgroßhandels,
- der Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens und von Pflegeeinrichtungen,
- der öffentlichen Sicherheit und Ordnung,
- der Pflege diplomatischer und konsularischer Beziehungen,
- der Funktionsfähigkeit des Rechtswesens,
- der Funktionsfähigkeit von Volksvertretung, Regierung und Verwaltung des Bundes, der Länder und der Kommunen oder
- der Funktionsfähigkeit der Organe der Europäischen Union und internationaler Organisationen
zwingend notwendig ist; die zwingende Notwendigkeit ist durch den Dienstherrn oder Arbeitgeber zu bescheinigen;
- die sich im Rahmen ihrer Tätigkeit als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Luft-, Schiffs-, Bahn-, oder Busverkehrsunternehmen oder von den durch diese beauftragten Wartungs- und Serviceunternehmen oder als Besatzung von Flugzeugen, Schiffen, Bahnen und Bussen außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben oder zur Aufnahme einer solchen Tätigkeit einreisen;
- die täglich oder für bis zu 48 Stunden zwingend notwendig und unaufschiebbar beruflich nach Mecklenburg-Vorpommern ein- oder zurückreisen;
- die medizinisch veranlasst nach Mecklenburg-Vorpommern einreisen; die zwingende Notwendigkeit ist durch den veranlassenden Arzt zu bescheinigen;
- die lediglich durch ein besonders betroffenes Gebiet nach § 1 Absatz 5 durchgereist sind.
Die sofortige Vollziehung wird angeordnet.
Begründung:
Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Deutschland ist signifikant gestiegen. In Folge dessen sind innerdeutsche besonders betroffene Gebiete im Sinne des § 1 Absatz 5 der Verordnung der Landesregierung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Mecklenburg-Vorpommern entstanden. Die Ausweisung weiterer solcher Gebiete durch das Robert-Koch-Institut ist zu erwarten. Gleichwohl sind die Funktionsfähigkeit der in dieser Allgemeinverfügung bezeichneten Bereiche und auch die Aufrechterhaltung der für das öffentliche Leben erforderlichen Wirtschaftsbereiche sowie die lückenlose Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Dem wird mit der verallgemeinerten Zulassung von Befreiungen durch diese Allgemeinverfügung im Wege des Selbsteintrittsrechts genüge getan. Aufgrund der Eilbedürftigkeit - insbesondere Berlin ist nunmehr als gesamte Stadt ein besonders betroffenes Gebiet - besteht Gefahr in Verzug. Die Änderung der Landesverordnung kann in der Kürze der Zeit nicht erfolgen. Auch eine fachaufsichtliche Weisung an die Landkreise und kreisfreien Städte erscheint nicht ausreichend, um sofort eine für das ganze Land erforderliche rechtsverbindliche und allgemein gültige Regelung zu erhalten, die sich im Sinne der Rechtssicherheit für den Bürger auch nicht unterscheiden, sodass zugleich eine Erfüllung der Aufgaben durch die Landkreise und Oberbürgermeister der kreisfreien Städte nicht gewährleistet erscheint.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung unter 8. findet ihre Grundlage in § 80 Absatz 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hiernach entfällt die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs, wenn die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse besonders angeordnet wird.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist erforderlich, da das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung dieser Ausnahmegenehmigung zur umgehenden Sicherstellung der Funktionsfähigkeit, der in dieser Allgemeinverfügung bezeichneten Bereiche und auch der Aufrechterhaltung der für das öffentliche Leben erforderlichen Wirtschaftsbereiche, das eventuelle Aufschubinteresse der von dieser Allgemeinverfügung Betroffenen überwiegt. Ohne die sofortige Ermöglichung dieser Ausnahmen sind die lückenlose Versorgung der Bevölkerung und die Funktionsfähigkeit der systemrelevanten Infrastruktur gefährdet. Ein Zuwarten nach einer eventuellen Widerspruchseinlegung gegen diese Anordnung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung ist im vorliegenden Fall zum Schutz der Allgemeinheit nicht angezeigt. Daher muss vorliegend das Interesse der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegenüber dem besonderen öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug dieser Ausnahmegenehmigung zurücktreten.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Öffentlicher Bekanntgabe Klage bei dem Verwaltungsgericht Schwerin, Wismarsche Str. 323a, 19055 Schwerin, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts, erhoben werden.
Hinweis:
Aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung hätte eine Klage gegen diese Allgemeinverfügung keine aufschiebende Wirkung.
Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit
Harry Glawe