Studie: KI erkennt effektiv diabetische Netzhauterkrankung
Mediziner diskutierten innovative Versorgungsprojekte angesichts von Ärztemangel und steigenden Patientenzahlen
Auf einer gut besuchten Fortbildungsveranstaltung für Diabetologen und Internisten wurden am Mittwoch im Klinikum Karlsburg innovative Versorgungsmodelle diskutiert, um bei wachsenden Patientenzahlen und gleichzeitigem Ärztemangel eine qualitätsvolle Versorgung zu gewährleisten. In Mecklenburg-Vorpommern sind derzeit 77 Hausarzt- und 12,5 Kinderarztstellen laut Bedarfsplanung nicht besetzt. Hinzu kommen 27,5 unbesetzte Stellen in der fachärztlichen Grundversorgung, vor allem in der Augenheilkunde. „In unserer Region wächst die Zahl der Menschen mit Diabetes rasant, u.a. durch Überalterung und ungesunde Lebensweise. Um dem zu begegnen, wird es notwendig, dass die Zusammenarbeit zwischen stationären und ambulanten Einrichtungen weiter verzahnt und modernste Technik genutzt wird“, unterstrich Dr. med. Jörg Reindel, Direktor der Klinik für Diabetologie in Karlsburg.
Schon seit Jahren arbeite man deshalb eng mit der Augenklinik der Universitätsmedizin Greifswald zusammen und verwende ein automatisiertes Diagnostikverfahren, um die diabetische Netzhauterkrankung (Retinopathie) frühzeitig zu erkennen. Prof. Dr. med. Andreas Stahl, Direktor der Universitätsaugenklinik der Unimedizin Greifswald, stellte am Mittwoch die Ergebnisse einer Studie vor. In einem Feld von 500 Teilnehmern wurde untersucht, wie effektiv und zuverlässig sich das Augenscreening mit Funduskamera und Künstlicher Intelligenz gegenüber der herkömmlichen Untersuchungsmethode bewährt. Das Ergebnis ist sehr positiv. Mit über 99 Prozent kam das automatisierte Verfahren zum gleichen Ergebnis wie der Arzt nach einer gründlichen Untersuchung mit weit getropften Pupillen. „Die KI erkennt effektiv und mit hoher Sensitivität (Empfindlichkeit) krankhafte Veränderungen“, erklärte Prof. Stahl. Trotzdem bleibe die Diagnose eine Sache des Arztes.
Zu differenzierten Einschätzungen sei das Verfahren nicht in der Lage. Bei den anwesenden Ärzten aus der Region stieß die Untersuchungsmethode auf großes Interesse, weil es unnötige Arztbesuche vermeiden hilft. Diabetologin Dr. Sabine Meinhold aus Ueckermünde erklärte, dass sie das Verfahren gern dem Ärztenetzwerk HaffNet vorstellen möchte. Über neue telemedizinische Projekte sprach PD Dr. Dr. Petra Augstein vom Kompetenzzentrum Diabetes Karlsburg (KDK). In Vorbereitung ist beispielsweise eine Beteiligung am bundesweiten IVP-Netzwerk, das die Versorgung von chronischen Wunden durch eine digitale Plattform für Ärzte, Pflegedienste und Patienten koordinieren und erleichtern soll. Alle Akteure haben die Fallakte digital vorliegen und können unkompliziert miteinander kommunizieren und beraten. Bislang gilt das IVP-Versorgungsprogramm für DAK- und IKK-Patienten. Ebenfalls kurz vor dem Start ist in Karlsburg eine App (Glucura) für Diabetespatienten, die personalisierte Ernährungsempfehlungen erstellt, um Therapieziele besser zu erreichen.