Im Rahmen der Festwoche zum 150-jährigen Bestehen der Malchower Stadtkirche hielt am Donnerstagabend, an dem sich der Weihetag der Kirche jährte, Jens Amelung einen Vortrag mit Präsentation in dem steinernen „Geburtstagskind“. Der Redner ist Konservator des Landesamts für Kultur- und Denkmalpflege und zuständig für die Sakralbauten in Mecklenburg-Vorpommern. Sein Vortrag trug den Titel „Höhepunkte der neugotischen Sakralbaukunst in Mecklenburg-Vorpommern“ und wurde von einer Moderation Eckhard Kändlers begleitet.
„Jens Amelung ist ein guter Kenner der neugotischen Kirchenlandschaft in der Region“, sagte der Pastor der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Malchow in seiner Einleitung. Um einen Hintergrund für seine Ausführungen über die neugotischen Kirchen Mecklenburgs zu geben, umriss Amelung zunächst kurz, was man über die Baukunst der Gotik wissen sollte. Er ging auch auf den Begriff der Nachgotik ein, für die unter anderem die Stadtkirche in Lübz steht. Erste neugotische Bauten entstanden im heutigen Mecklenburg-Vorpommern zur Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Als Beispiel nannte der Experte die Kirche St. Helena in Ludwigslust. In der eigentlichen neugotischen Epoche muss man zwischen dem Stil der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und dem der zweiten Hälfte unterscheiden: Zunächst entstanden neugotische Bauten mit klassizistischen Anklängen, wie die Klosterkirche Malchow und die Schlosskirche Neustrelitz. „In der zweiten Hälfte wurde es dann ein wenig dogmatischer“, meinte Jens Amelung. Damit umschrieb er, wie die Grundsätze des sogenannten „Eisenacher Regulatives“ umgesetzt wurden: Sie schrieben etwa einen kreuzförmigen Grundriss und Backstein als Material vor. Ein Beispiel aus dem sprichwörtlichen Bilderbuch hierfür ist die St. Paulskirche in Schwerin. Damit sie nah an den ursprünglichen gotischen Vorbildern blieben, recherchierten die Baumeister dieser Zeit detailliert zu diesen.
In diese Epoche gehört auch die steinerne Jubilarin dieser Woche: Von Georg Daniel strikt nach dem Regulativ errichtet, zeigt sie Schlichtheit von außen, aber „Pracht im Inneren“, wie es Jens Amelung ausdrückte. Mit ihrem hölzernen Gewölbe, der dunkelhölzernen Ausstattung, den schönen Glasfenstern und dem Turm auf der Westseite verkörpert sie viele typische Attribute dieser Periode. „In dieser Zeit entstanden die Kirchen mehr oder weniger am Reißbrett. Das brachte aber leider oft auch bauliche Probleme mit sich, zum Beispiel bei der Statik oder durch den Holzschwamm in den hölzernen Elementen“, berichtete der Konservator in seinem etwa einstündigen Vortrag. Am Ende beantwortete er noch Fragen aus dem Publikum, unter anderem die nach dem Umgang mit den Kirchenbauten in Zeiten schrumpfender Gemeinden und knapper Kassen: Soll man sich auf den Erhalt der „Leuchttürme“ unter den Sakralbauten beschränken und die weniger attraktiven umwidmen oder gar abreißen? Oder soll man versuchen, möglichst alle zu erhalten, auch wenn es manchmal nur provisorisch ist? Jens Amelung plädierte für letzteres, denn „eine Kirche muss eine Kirche bleiben.“ Zum Dank für seine Ausführungen schenkte ihm Eckhard Kändler im Namen der Gemeinde eine Orgelpfeife aus der Stadtkirche, die bei Umbauten in den sechziger Jahren „frei wurde“, und einen Kalender mit Motiven der Kirche.