
Der ehemalige Förster Manfred Göring engagiert sich für das Kloster Malchow und besonders für den Klosterfriedhof: Er führt Besucher über den Friedhof, pflegt dort mehrere Gräber und wirkt im Förderverein Kulturzentrum Kloster Malchow e. V. mit. „Vor einigen Jahren entdeckte ich den Friedhof bei einem Arbeitseinsatz für mich. Danach recherchierte ich immer weiter“, berichtet der 82-jährige. Mittlerweile hat er sich ein profundes Wissen angeeignet, das er gerne an Interessierte weitergibt.
Wenn das Kloster Malchow seine Pforten für Veranstaltungen wie die Klosternacht oder den Tag der offenen Klosterstätten öffnet, lohnt es sich stets, die Pflasterstraße dort noch ein paar Schritte weiterzugehen. Denn gegenüber des Engelschen Gartens, der zum Malchower See hin abfällt, befindet sich der Klosterfriedhof – und am frühen Abend oft auch Manfred Göring. Bei diesen Gelegenheiten ist der 82-jährige von einer Traube Menschen umringt, Malchowern wie Touristen, die gespannt lauschen, was er über den Friedhof, die dort Bestatteten, die Bauwerke und die alten Bäume erzählt. Zu den Führungen, die er bisher viermal angeboten hat, erschienen die Interessierten zahlreich. „Um die dreißig Leute werden es wohl immer gewesen sein. Manche kamen auch mehrfach“, berichtet Manfred Göring. Die etwa einstündige Friedhofsführung beginnt er meist an der Klosterkirche. Denn dort befand sich der Friedhof, bevor man zu Beginn des 19. Jahrhunderts einen neuen Friedhof anlegte, den heutigen Klosterfriedhof. Danach begrüßt der ehemalige Förster seine Gäste noch einmal offiziell direkt vor der Friedhofsmauer. „Meine erste Station innerhalb der Mauern ist dann auf dem Sandweg mit Blick zur Feierhalle. Dort weise ich stets auf den Bestand an schönen alten Bäumen hin, wie die Linden und die beeindruckende Trauerbuche.“ Weiter geht es an den ältesten Grabstätten und der Feierhalle vorbei, zum Gedenkstein des Alexis von Roenne, der zum erweiterten Kreis um Stauffenberg gehörte, zu den Grabstätten der Stiftsdamen, wobei Manfred Göring besonders die letzte Domina Gertrud von Lücken erwähnt, die er noch persönlich kennen gelernt hat. Er beendet die Führung an den Gräbern von Pastor Arnold Paap und der Familie von Pastor Hans Simon, dessen Sohn 21-jährig im zweiten Weltkrieg fiel. Daneben erwähnt er noch Karl Senst, den letzten Küchenmeister der mecklenburgischen Landesklöster, der ebenfalls hier begraben liegt. „Manche Gäste stellen dann Fragen. Besonders zu Alexis von Roenne wollen sie etwas wissen, aber auch zum Baumbestand des Friedhofs. Mitunter erkundigt sich jemand, ob wir hier auch Soldatengräber haben. Diese gibt es aber nur auf dem Stadtfriedhof“, erläutert Manfred Göring.
Der Beruf, in dem der heutige Rentner lange Jahre seines Lebens gearbeitet hatte, brachte ihn vor einiger Zeit zum Objekt seines Interesses: „Ich bin seit 2018 Mitglied des Fördervereins Kulturzentrum Kloster Malchow e. V. und bekam als ehemaliger Förster den Auftrag, die Arbeitseinsätze auf dem Friedhof zu leiten, die zweimal im Jahr stattfinden.“ Bei den ersten Einsätzen im Jahr 2019 schnitten die Vereinsmitglieder und viele Freiwillige den Wildwuchs auf dem Gelände zurück, legten alte Grabstätten frei und stutzten Buchsbaumhecken. Dabei entdeckte man unter anderem neben der bereits sichtbaren Grabplatte der Konventualin, der Stiftsdame, Conradine von Plessen zwei weitere Platten, die man später der Frau des Klosterhauptmanns und ihrem Sohn zuordnen konnte, die beide jung verstorben waren. „Grundsätzlich ist es natürlich unser Anliegen, möglichst viele Grabstellen sichtbar zu machen und zu erhalten“, betont Manfred Göring. Die Schicksale der Menschen, die auf dem Friedhof begraben liegen, und die gesamte Geschichte zogen ihn so in ihren Bann, dass er anfing, selbstständig dazu zu recherchieren. „Dabei habe ich mir den Friedhof Schritt für Schritt erschlossen und lerne auch heute noch Neues dazu“, sagt er. Er las in alten Klosterbüchern und im Internet nach, studierte Material wie die Feldpostbriefe des Sohnes von Pastor Simon, fuhr ins Landeshauptarchiv und ins Landeskirchenarchiv und recherchierte in Kirchenbüchern, die hier in Malchow lagern. Besonders profitierte er von der Zusammenarbeit mit der ehemaligen Kuratorin Dr. Shirley Brückner. Manfred Göring unterstützte diese auf ehrenamtlicher Basis: transkribierte beispielsweise Akten aus dem Landeskirchenarchiv oder umfangreiche Akten aus den Nachlässen der Stiftsdamen und der Stiftsvorsteherinnen, der Dominae. „Faszinierend zu lesen waren unter anderem die Verhaltensregeln für die Konventualinnen und wie sie im Alltag umgesetzt wurden. Man hat bei der Durchsicht von Bauakten des Klosters zum Beispiel ein Warmbad für die Damen gefunden. Wie sie dieses nutzen durften, war in den Verhaltensregeln festgelegt.“
Für seine Recherchen sitzt Manfred Göring täglich rund eine Stunde am Rechner. Einmal wöchentlich geht er auf den Friedhof und kümmert sich um die Gräber der Familie Simon und des Pastors Paap sowie die Grabplatten: jätet, schneidet zurück, harkt, gießt im Sommer, bedeckt im Winter mit Reisig. Neben dem Förderverein des Klosters ist er auch im Arbeitskreis Stadtgeschichte Mitglied und führt regelmäßig Aufsicht in der Stadtkirche. Der Titel der beliebten DDR-Fernsehserie „Rentner haben niemals Zeit“ - er trifft also auch auf Manfred Göring zu. Der Ruhestand folgte bei ihm auf ein arbeitsreiches Leben in Sachen Wald: Geboren in Mitteldeutschland, studierte er in den sechziger Jahren Forstwirtschaft in der Fachschule in Raben-Steinfeld bei Schwerin, war dann als Forstingenieur beim Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Waren und nach der Wende im Forstrevier Zislow tätig – bis zur Rente im Jahr 2002. Seit 1967 wohnt er auf dem Kloster, erst in Nummer 44a, jetzt in Nummer 67. „Ich kann also aus meinem Fenster den Ort sehen, der mir so sehr am Herzen liegt – den Klosterfriedhof.“