
Ulla Konold rezitierte am 13. Juli in der Erzählkirche Sietow eine kleine Auswahl von Märchen und Geschichten aus aller Welt. „Die Kraft, die den Märchen innewohnt, hat mich durch die Widrigkeiten des Lebens getragen. Das möchte ich weitergeben“, sagt die Erzählerin.
Auf dem Aufsteller, der neben dem Zugang zur Erzählkirche Sietow angebracht ist, steht: 19 Uhr – Lesung. Doch die runde Stunde, die Ulla Konold am Abend des 13. Juli in der Kirche gestaltet, ist eine Rezitation. Das schmälert die Leistung der Künstlerin nicht, im Gegenteil: Die Geschichtenerzählerin, die seit dreißig Jahren in diesem Metier tätig ist, beherrscht zahlreiche Märchen und Geschichten für Erwachsene und Kinder auswendig und trägt sie so vor, dass man einfach zuhören muss. Der Zettel, den sie ab und an aus der Tasche zieht, dient nur dazu, dass sie schauen kann, welche Titel noch in Frage kommen. „Ich erzähle heute „Geschichten auf dem Weg zum Glück“, in denen es um die Werte geht, die wir Menschen für das Glück brauchen“, kündigt Ulla Konold kurz nach 19 Uhr an. Der kleine Zuhörerkreis in der Erzählkirche besteht vor allem aus Erwachsenen – für diese sind die Geschichten gedacht. Aber auch ein Kind ist da, das aufmerksam lauscht. Die Künstlerin untermalt ihre Erzählungen mit Saitenstrichen auf dem Klangbaum, einem Instrument, das nach ihrer Aussage auf Pythagoras zurückgeht. Zehn Geschichten und Märchen bringt Ulla Konold zu Gehör – von der Suaheli-Geschichte „Zungenfleisch“ über einen Sultan und seine Frau über „Die Wahrheit über Adam und Eva“ zu dem etwas längeren und sehr poetischen chinesischen Märchen „Die blaue Rose“. Hier möchte ein Kaiser seine heiratsunwillige Tochter an den Mann bringen. Doch die meisten Freier geben beizeiten auf, so dass am Ende nur drei übrigbleiben. Die Prinzessin möchte sich nur dem Manne geben, der ihr die „blaue Rose“ schenkt. Doch weder kriegerische Gewalt, kaufmännische Findigkeit noch künstlerische Kreativität, um die Rose zu schaffen, überzeugen die Tochter. Erst als ein Straßenmusiker ihr Herz mit einem Lied gewinnt, ist es kein Problem mehr, dass er ihr nur eine weiße Rose vom Wegesrand bringt. Denn diese ist für sie „die blaue Rose des Lebens – und der Liebe“.
Ulla Konold, die ursprünglich aus Rheinland-Pfalz stammt und an mehreren Orten in Deutschland und den angrenzenden Ländern gewohnt hat, ist an diesem Abend aus Alt Gaarz angereist, das zu Jabel gehört. „Am Bergsee dort habe ich nun meine Heimat gefunden. Beim Wandern oder Schwimmen spreche ich oft meine Märchen und Geschichten für mich durch“, erzählt sie. Die Wahl-Mecklenburgerin hat ursprünglich Theaterwissenschaften, Germanistik und Philosophie in München studiert, später unter anderem als Regieassistentin und Dramaturgin sowie Dozentin für Theater gearbeitet. Auch pädagogisch war die Mutter zweier erwachsener Söhne tätig. Nun ist sie freie Märchen- und Geschichtenerzählerin. Die Herkunftsländer vieler ihrer Geschichten kennt sie aus eigener Anschauung, hat sie doch unter anderem Persien, Tibet, Indien und mehrere Staaten des Orients bereist. Märchen findet sie toll, egal aus welchem Land sie stammen: „Meine Omas haben mir immer die Weisheit ans Herz gelegt, die darin enthalten ist. Die Kraft der Märchen hat mich durch die Widrigkeiten des Lebens getragen. Die Vorstellung davon, was in ihnen liegt, möchte ich gerne weitergeben.“