
Gestern Nachmittag startete um 15 Uhr das 13. Literatur-Café der „Müritzer Schreibfedern“ im Warener „Schmetterlingshaus. Zehn Damen des Literaturzirkels lasen aus Texten vor, die sie jüngst geschrieben hatten. „Es sind Geschichten und Gedichte zu den Themen Kinder, Jugend, Familie, Erinnerungen“, kündigte Leiterin Dagmar Mayer zu Beginn an.
Die Veranstaltung stand im Zeichen des geschriebenen und gelesenen Wortes: Die „Müritzer Schreibfedern“ hatten für rund neunzig Minuten zum dreizehnten Literaturcafé in den kleinen Saal geladen und Kaffee, Kuchen und Bowle bereitgestellt. „Heute gibt es Texte zum Lachen und zum Weinen zu hören – Geschichten und Gedichte zu den Themen Familie und Erinnerungen an früher“, leitete Dagmar Mayer, die Leiterin der „Schreibfedern“, den Nachmittag ein. Sie selbst eröffnete den literarischen Reigen mit dem Gedicht „Einmal Kinderdorf und zurück“. Die gebürtige Thüringerin kennt sich mit dieser Institution gut aus, hat sie doch mehrere Jahre in einem Kinderdorf gelebt.
Umrahmt von Musik aus dem Werk „Die Perlenfischer“ von Georges Bizet, präsentiert von „Schreibfeder“ Iris Ruß, lasen danach weitere neun Frauen aus dem Literaturzirkel aus ihren neuesten Texten vor – manche mit, andere ohne Mikrofon. Die meisten der Autorinnen streben an, in der Zukunft ihre eigene Biografie zu verfassen – daher waren auch diese Stücke autobiografisch. Gisela Müller beispielsweise schilderte unter dem Titel „Die Wende“ die ersten Tage nach dem Mauerfall, wie sie eine Krankenschwester und Familienmutter aus der DDR erlebt hat. „So viele Fragen – und wo sind die Antworten?“ endete der Text, der sicher die Erfahrungen vieler Bürger aus der damaligen Zeit wiedergab. Siglinde Mazur, im Zirkel für ihre humorvolle Ader bekannt, erzählte, wie ihr dreieinhalbjähriges Ich versuchte, den geliebten Nuckel aus einem Karton voller piepsender Küken zu retten.

Cornelia Schulz´ Geschichte „Die Besichtigung“ führte eine Angestellte des Wohnungsamtes kurz nach der Wende in ein Haus mit einem Schäferhund, der ihr Angst einjagte. Als letzte Leserin vor Dagmar Mayers Schlusswort kam Martina Massow zu Wort, die sehr ehrlich über ihre seelischen Wunden berichtete, die ihr der frühe Tod der Mutter und das Verhältnis zu ihrer Stiefmutter zufügten, die ihr fremd blieb. Da ihr Körper ob dieses Traumas rebellierte und sie Hilfe durch eine Therapie suchte, konnte sie ihre Erlebnisse schließlich – diesen Eindruck hinterließ ihr Text – aufarbeiten und seelisch heilen. „Dabei waren Bücher stets mein Lebenselixier“, betonte die Autorin von „Von der Geburt...“ und „Heilsame Kräfte“.
Alle Frauen trugen ihre Werke ausdrucksvoll und gut verständlich vor. „Wir trainieren das regelmäßig, wenn jede bei den montäglichen Treffen ihre Texte vorliest“, begründete Dagmar Mayer. Die Laien-Autorinnen und -Autoren – denn unter den „Schreibfedern“ ist auch ein Mann - erhalten dann Feedback: zu laut, zu leise, zu viele Füllwörter... So wird auch die Vorbereitung für die nächsten Literaturcafés im Juli und September laufen. Im August ist Sommerpause. In etwa zwei Wochen werden fünf der „Schreibfedern“ um Dagmar Mayer außerdem zu einem Schreibseminar an der Thüringer Heimvolkshochschule in Donndorf fahren, von dem sie sich harte Arbeit an den Texten und viele neue Impulse versprechen.
Diese Fahrt wird von der Stadt Waren ebenso gefördert wie ein anderes Vorhaben der „Schreibfedern“, das Schritt für Schritt realisiert wird: Eine Anthologie mit rund 170 Seiten, die ausgewählte Werke enthält und derzeit gedruckt wird. „Dazu haben wir eine Förderung des Kulturausschusses der Stadt Waren und der WOGEWA erhalten“, kommentierte Dagmar Mayer. Jedes Mitglied des Zirkels darf innerhalb des Buches etwa zehn Seiten füllen. Nachdem ein Arbeitstitel verworfen wurde, soll die Anthologie „Lebenswege – Geschichten aus der Heimat“ heißen. Ein Viererteam um die Leiterin korrigierte die eingereichten Texte in puncto Grammatik, Ausdruck und Tippfehler. „Wir hoffen, die ersten Exemplare im Juli verkaufen zu können. Offiziell vorgestellt werden soll das Buch dann bei einem der Literaturcafés im Herbst, etwa zu der Zeit, wenn wir auch den zweiten Geburtstag der „Müritzer Schreibfedern“ feiern“, so Dagmar Mayer.