
Brigitte Beckmann-Hakenbeck vermittelt seit einigen Wochen Malchower Schülern in zwei Arbeitsgemeinschaften auf unterhaltsame Weise die Grundlagen der plattdeutschen Sprache. „Sie sollen am Ende Platt verstehen und auf Platt über sich selbst sprechen sowie niederdeutsches Liedgut kennen und singen können“, sagt die ehemalige Erzieherin, die seit rund zwanzig Jahren den Titel „Fachkraft für Niederdeutsch“ führt.
Auf Platt klingen selbst Redewendungen schöner, die auf Hochdeutsch als Beleidigungen gelten können. Nennt man einen Menschen, der eine Eselei begangen hat, „Dösbaddel“, wirkt das irgendwie netter, als wenn man ihn als „Dummkopf“ oder „Trottel“ betitelt. „Viele Kinder in unserer Region kennen aber leider nicht mehr viele solcher Wörter und Redensarten. Da besteht die Gefahr, dass sie dauerhaft verloren gehen“, meint Brigitte Beckmann-Hakenbeck. Die ehemalige Erzieherin und Kita-Leiterin sammelt diese sprachlichen Schätze. „Platt ist eine wunderschöne Sprache, die mich an meine Kindheit erinnert. Wenn die Großeltern und Tanten früher Platt sprachen, strahlten sie trotz der harten Arbeit, die sie verrichten mussten, Harmonie und Ruhe aus. Denn auf Platt redet man langsamer“, berichtet sie, die mit dieser Variante des Deutschen aufwuchs. So entschloss sie sich schon vor zwanzig Jahren, die Vermittlung von Plattdeutsch in ihre Arbeit mit den Kindern zu integrieren. Ab Oktober 2002 absolvierte sie eine berufsbegleitende Weiterbildung in Stavenhagen, bei der sie einmal wöchentlich für drei Stunden das nötige Handwerkszeug erlernte. 2004 hielt sie dann ihr Zertifikat in den Händen, das sie als „Fachkraft für Niederdeutsch“ ausweist.
Was sie gelernt hatte, probierte sie gleich mit den Kindern in ihrer Kita aus. Dabei setzte sie auch Material aus der Weiterbildung ein. „Von dieser Sammlung und den Hinweisen, die wir damals erhalten haben, profitiere ich noch heute“, sagt Brigitte Beckmann-Hakenbeck. Plattdeutsch-Kurse für Kindergartenkinder gibt sie nach wie vor. „Sie werden gut angenommen. Bei diesen sogenannten „Plattsnacker-Gruppen“ sind teilweise auch Mädchen und Jungen dabei, die eigentlich längst das entsprechende Alter überschritten haben.“ Für Erwachsene, die einzeln oder mit ihren Familien kommen, bietet die Niederdeutsch-Expertin historische Schulstunden auf Platt im Malchower Museum „Kiek in un wunner di“ an, bei denen sie in die niederdeutsche Tracht und die Rolle als Lehrerin „Frolein Beckmann“ schlüpft. Nun lässt sie ihre Kenntnisse und ihre Begeisterung fürs Plattdeutsche auch den Malchower Schulkindern zugutekommen.

Sowohl die Goetheschule, eine Grundschule, als auch die weiterführende Fleesensee-Schule hatten bereits mit anderen Lehrkräften Plattdeutsch-Arbeitsgemeinschaften etabliert. „Im Mai rief mich jedoch die Verantwortliche für die Ganztagsangebote an der Fleesenseeschule, Doreen Pianka, an und bat mich, die Arbeitsgemeinschaft zu übernehmen. In der ersten Ferienwoche folgte ein Telefonat mit der stellvertretenden Schulleiterin der Goetheschule, die von meinen Kita-Gruppen gehört hatte und mich ebenfalls für eine Zusammenarbeit gewinnen wollte“, erzählt Brigitte Beckmann-Hakenbeck. So trifft sie sich seit einigen Wochen immer an den Dienstagen mit einer Handvoll Erst- und Zweitklässler und an den Mittwochen mit mehreren Fünft-, Acht- und Zehntklässlern in der jeweiligen Schule. Bei der Auftaktveranstaltung trat sie jeweils in Tracht auf, erläuterte diese und gab einen kurzen historischen Abriss zum Plattdeutschen. „Ich habe den Schülern erzählt, dass Platt eine alte Sprache ist, die man früher auf den Dörfern sprach, wenn man unter sich war. Erst in der Schule kam Hochdeutsch dazu. Auch weise ich darauf hin, dass man Platt lernen muss wie jede andere Sprache auch.“ In jeder Veranstaltung nimmt sich die Lehrerin mit ihren Schützlingen ein Thema vor, zum Beispiel die Jahreszeiten. Sie stellt die entsprechenden Vokabeln vor, festigt sie dann mit einem Lückentext, mit Rätseln oder Reimen. „Bei den Kleineren singen wir am Anfang immer ein Begrüßungslied, bewegen uns dazu und klatschen in die Hände. So werden alle Sinne angesprochen.“ Hausaufgaben gibt es nicht, aber alle Schüler haben natürlich ihren eigenen „Platt“-Ordner, in dem sie das Material aufbewahren. Die Inhalte werden nach und nach anspruchsvoller, so dass ein Lerneffekt entsteht. „Die Kinder und Jugendlichen sollen am Ende die plattdeutsche Sprache verstehen, auf Platt über sich selber sprechen und niederdeutsches Lied- und Gedichtgut kennen und idealerweise singen oder rezitieren können.“
Während der wöchentlichen Arbeit äußern die Schüler sich auch dazu, warum sie Platt lernen möchten. „Viele der Jüngeren sagen, dass es ihnen einfach Spaß macht, dass ihre Großeltern es können und sie es auch beherrschen möchten oder dass es gut klingt“, berichtet Brigitte Beckmann-Hakenbeck. Einen der Grundschüler kennt sie bereits aus der „Plattsnacker-Gruppe“ in der Kita. „Er meinte, er habe schon ganz viel dort gelernt und wolle noch bedeutend mehr lernen“, berichtet die ehemalige Erzieherin und lacht. Die älteren Schüler begründen ihren Wunsch dem Alter entsprechend differenzierter. Die Lehrkraft zitiert einen Achtklässler: „In meiner Familie wird oft und viel Plattdeutsch gesprochen. Ich möchte gerne mitreden und diese Sprache erhalten.“ Auch ein Mädchen aus der fünften Klasse will am Gespräch teilnehmen, wenn sich ihr Vater und ihre Oma auf Platt unterhalten. Eine interessante Begründung liefert ihr Altersgenosse: „Ich finde diese Sprache cool und geheimnisvoll. Daher möchte ich sie erlernen!“