
Derzeit werden rund acht Prozent der Fläche des Müritz-Nationalparks von ungenutzten Mooren bedeckt. „Sie sind ein besonderer Lebensraum, wo viele Arten leben, die nur in diesem Ökosystem vorkommen“, sagt Eike Lucas vom Nationalparkamt Müritz. Um den Menschen nahezubringen, wie wichtig Moore sind, wenden die Mitarbeiter des Nationalparks verschiedene Methoden der Moorpädagogik an, zum Beispiel die Moorfahrradtouren im Jugendwaldheim oder die Arbeit mit den Infofahrrädern der Ranger.
Moore sind im Müritz-Nationalpark wieder auf dem Vormarsch – und aus umweltschützerischer Sicht ist das gut so. „Derzeit sind rund 2.500 Hektar innerhalb des Nationalparks ungenutzte Moore, was etwa acht Prozent der Gesamtfläche entspricht. Dank der Bemühungen der Kolleginnen und Kollegen in den letzten dreißig Jahren konnten 151 Moore im Nationalpark mit einer Fläche von rund 2.200 Hektar renaturiert werden. Bei ihnen wurde ihr natürlicher Wasserhaushalt wiederhergestellt“, berichtet Eike Lucas, der als Dezernent beim Nationalparkamt Müritz für die Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung zuständig ist. Die aufwändige Arbeit, um den Mooren ihren ursprünglichen Charakter wiederzugeben, hat einen wichtigen Grund: „Moore sind ein besonderer Lebensraum, wo nur wenige Nährstoffe vorhanden sind. Daher leben dort viele Arten, die nur in diesem Ökosystem vorkommen.“ Weil man in den Mooren seltene Tiere und Pflanzen entdecken kann, waren diese Flächen seit jeher ein bedeutender Baustein innerhalb der Umweltbildung des Nationalparks. „Seit ungefähr einem Jahr haben wir die Moore sogar zu einem unserer Schwerpunktthemen erklärt. Denn intakte Moore sind auch effektive Kohlenstoffspeicher. Pflanzenmaterial, das von Wasser umschlossen ist, wird dort nicht weiter zersetzt. So entsteht über Jahrtausende der dafür typische Torfkörper. Allein in den Mooren des Nationalparks sind etwa 5,5 Millionen Tonnen Kohlenstoff gespeichert“, erläutert Eike Lucas.

Da sich viele Menschen nicht bewusst seien, wie wichtig Moore für das ökologische Gleichgewicht und den Schutz der Umwelt sind, haben viele Nationalparks Konzepte entwickelt, ihnen das nahezubringen. Der Fachbegriff dafür lautet „Moorpädagogik“, also die Bildungsarbeit in Mooren oder über Moore. „Bei uns im Müritz-Nationalpark ist dies eine Gemeinschaftsaufgabe, an der viele Kolleginnen und Kollegen beteiligt sind. Dazu haben wir verschiedene neue Methoden eingeführt“, erzählt der Dezernent für Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung. Dazu gehören unter anderem die sogenannte Moorfahrradtour vom Jugendwaldheim Steinmühle unweit von Neustrelitz aus oder die Aufklärungsarbeit mittels der Infofahrräder der Ranger, die zu einigen Mooren fahren. Auch Besuchereinrichtungen wie die Moorstege im Serrahn oder an den Wienpietschseen bei Waren lassen sich dazu rechnen. Diese sorgen oft dafür, dass Moore überhaupt als solche wahrgenommen werden, denn sie sind meist nicht eigens gekennzeichnet. Über Führungsformate, die auf die Bedürfnisse von Familien, Kindern im Jugendwaldheim und Erwachsenen abgestimmt sind, sensibilisiert man ebenfalls für das Thema. In den Gruppen der Junior-Ranger, wo Mitarbeiter des Nationalparks Kindergarten- und Schulkinder praktisch und altersgerecht an den Naturschutz heranführen, gehört Wissenswertes rund ums Moor zu den Exkursionen und zu den Prüfungen. Auch Weiterbildung und Forschung kommen nicht zu kurz: „Zusammen mit Tabea Feldmann von der Succow Stiftung, die sich unter anderem für Moorschutz und Wiedervernässung einsetzt, und der Landeslehrstätte des Landesamts für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (LUNG) findet dieses Jahr eine Weiterbildung für Kulturschaffende im Jugendwaldheim statt“, so Eike Lucas. Auch interne Fortbildungen wurden organisiert. Im vergangenen Februar hat das Jugendwaldheim außerdem eine Fortbildung der Succow Stiftung für Moorpädagogen beherbergt, bei der Umweltbildner aus Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin zu Gast waren. „Zu guter Letzt veranstalten wir im Herbst im Müritzeum ein Forschungskolloquium zum Thema Moor, bei dem wir führende Köpfe der Moorforschung zu Gast haben werden.“
Dass auch Kulturschaffende in die Moorpädagogik einbezogen werden, hängt damit zusammen, dass diese neben naturwissenschaftlichen auch gesellschaftswissenschaftliche und kulturwissenschaftliche Aspekte aufweist. „Wir behandeln Moore in Gänze mit all ihren Gesichtspunkten. Auch ihre Kultur und Nutzungsgeschichte spielen dabei eine Rolle, wobei wir uns in unseren Betrachtungen nicht auf unseren Nationalpark beschränken“, kommentiert Lucas. Er verweist auf globale Missstände – etwa, dass die Pflanzen für die Ananas, die man hierzulande im Supermarkt kaufen kann, oder die Palmen für das Öl im Schokoaufstrich oft auf entwässerten Moorböden angebaut werden. Moore in ihrem ursprünglichen Zustand, der ja aus ökologischer Sicht wünschenswert ist, spielen in Sagen und Geschichten wegen ihrer Unergründlichkeit eine düstere Rolle – man denke nur an diverse Kriminalstories zu „Toten im Moor“ oder die harte Arbeit der „Moorsoldaten“ im gleichnamigen Lied. „Auch Moorleichen sind ein Thema in der Moorpädagogik. Dabei wollen wir aber den Mooren den Schrecken nehmen, den sie manchmal in Schauergeschichten bis heute noch haben. Denn im Moor zu versinken und zu sterben, ist extrem unwahrscheinlich. Bei derartigen Funden im Moor handelt es sich meist um rituelle Bestattungen oder Ähnliches“, betont Eike Lucas.