
In diesem Herbst tagten der Mühlenverein Mecklenburg-Vorpommern e. V. und der Verein für mecklenburgische Familien- und Personengeschichte e. V. gemeinsam im Seehotel Ecktannen in Waren: Am 28. Oktober befassten sich die Teilnehmer mit Themen, deren Schnittmenge die Geschichte bildete. „Durch die gemeinsame Tagung haben sich viele interessante Kontakte ergeben“, sagt Jürgen Kniesz, der einige Teilnehmer abschließend durch die Stadt führte.
Jürgen Kniesz verkörpert beispielhaft, wo sich der Mühlenverein und die „Genealogen“, die wissenschaftlichen Familien- und Ahnenforscher, treffen: Der ehemalige Leiter der Stadtgeschichtlichen Museums Waren studierte einst Wasserwirtschaft in Leipzig, begann sich so für Technikgeschichte zu interessieren und stieß dabei auf das Thema Wassermühlen. Als er 1985 nach Waren kam, erkundete er, was es hier rund um die Wassermühlen zu wissen gab, und fing schließlich an, sich umfassender mit Stadtgeschichte zu beschäftigen. Seit Anfang der Neunziger Jahre bis 2021 tat er dies als Leiter des Stadtgeschichtlichen Museums Waren auch beruflich. „Dieses Museum ist wie viele andere gewissermaßen ein Gemischtwarenladen unterschiedlicher Themen. Bei Recherchen zum Leben von Personen, die früher in Waren gelebt haben, kam ich in Kontakt mit dem Verein der Familienforscher“, berichtet Jürgen Kniesz. So trat er, der bereits Mitglied im Mühlenverein Mecklenburg-Vorpommern e. V. war, dann auch in den Verein für mecklenburgische Familien- und Personengeschichte e. V. ein. Dessen Vereinsvorsitzender Andreas Parlow hatte die Idee, die diesjährigen Herbstsymposien der beiden Vereine zusammen stattfinden zu lassen. Denn mit dem Thema Geschichte hatte sich eine Schnittmenge ergeben. So tagten am 28. Oktober vom Vormittag bis zum frühen Nachmittag rund 60 „Mühlenfreunde“ und „Genealogen“ in den Räumen des Seehotels Ecktannen in Waren. Sie lauschten drei Vorträgen: „Die Lübzer Mühle“ von Dieter Garling, „Von der Müritz an die Trettach. Das Leben der Gertrud von Le Fort“ von Angelika Halama und „Bürgerkrieg in Mecklenburg – Der Kapp-Putsch in Waren“ von Jürgen Kniesz selbst. „Die Vertreter des Mühlenvereins waren heute in der Minderzahl, weil viele von ihnen sich eher für technische und technikgeschichtliche Fragen interessieren und durch Vorträge zu diesen Themen mehr ansprechbar sind“, kommentiert Jürgen Kniesz. Zudem gebe es in den östlichen Bundesländern fast keine Müllerdynastien, die über Jahrhunderte existiert und ihre Tradition aufrechterhalten hätten, wie es in den westlichen Ländern der Fall sei. Diese verbänden dann naturgegeben technikgeschichtliches mit personengeschichtlichem Interesse. „Durch die gemeinsame Tagung sind jedoch viele persönliche Kontakte entstanden, von denen die Vertreter beider Vereine profitieren. Wenn jemand in Zukunft eine Frage hat, die den anderen Verein betrifft, weiß er, an wen er sich wenden kann.“
Rund ein Drittel der Teilnehmer ließ sich nach dem Veranstaltungsteil in den Räumen des Hotels noch von Jürgen Kniesz durch die Stadt führen. Der routinierte Stadtgeschichts-Experte hatte dafür eine relativ kurze Route ausgewählt: Vom Stadthafen ging es zum Neuen Markt, zur Marienkirche, zur Langen Straße und zur Mauerstraße mit Blick Richtung Tiefwarensee, an den Resten der alten Stadtmauer entlang zur Ecke Friedensstraße und Mühlenstraße und zum Alten Markt mit der Georgenkirche und dem ehemaligen Spritzenhaus. Besonderes Augenmerk widmete Jürgen Kniesz dabei den Stolpersteinen. Er fasste das Schicksal jeder der verewigten Personen kurz zusammen und stellte eine Warener Besonderheit im Vergleich zu manchen anderen Städten heraus. „Obwohl das eine Weile auch kontrovers diskutiert wurde, haben wir es hier geschafft, die gesamte Palette der NS-Opfer auf diese Art abzubilden.“ Bei seinen Ausführungen hielt Jürgen Kniesz zwar eine Broschüre zu den Warener Stolpersteinen in der Hand, konsultieren musste er sie jedoch nicht oft. „Wenn man sich wie ich seit über dreißig Jahren mit unserer Stadtgeschichte befasst, sitzt das Grundwissen einfach. Nur wenn ich Führungen zu spezielleren Themen anbiete, bereite ich mich gezielt vor.“