
In das bundesweite Verfahren zur Berechnung des kassenärztlichen Niederlassungsschlüssels, ist die Inanspruchnahme der medizinischen Infrastruktur durch Touristen verpflichtend zu berücksichtigen. In Regionen mit geringer Einwohnerdichte aber mit überproportionalen Touristenzahlen und einer hohen Zahl an Grenzgängern, die das Gesundheitssystem vor Ort regelmäßig nutzen, finden diese Faktoren in der Berechnung bisher keine Berücksichtigung und müssen daher verpflichtend einbezogen werden. Hierfür gibt es aktuell eine Petition.
Als stellvertretende Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Gesundheit der SPD in Mecklenburg- Vorpommern und Einwohnerin des Seebades Ahlbeck auf der Insel Usedom, habe ich, Dunja Schimmel, am 6. Juni 2023, eine Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht. Diese ist heute durch den Petitionsausschuss angenommen und veröffentlicht worden. Bis zum 26.07.2023 sollen bundesweit mehr als 50.000 Unterschriften gesammelt werden. Erst dann wird es eine Anhörung zu diesem Thema im Deutschen Bundestag geben. Die Anzahl von kassenärztlichen Praxen für eine Region wird durch ein bundesweit einheitliches Berechnungsverfahren (Arztsitz pro Bevölkerung) bestimmt. Dieses bezieht sich maßgeblich auf die Anzahl der Einwohner mit Hauptwohnsitz.
Gesetzlich verankert ist dies im Sozialgesetzbuch V, § 101. Als Bezugsgröße kann die Einwohnerzahl nur einen Näherungswert darstellen, da das ambulante und stationäre Gesundheitssystem nicht nur von Personen mit entsprechendem Hauptwohnsitz genutzt wird. Jedoch ist zu beachten, dass zusätzlich auch Touristen und Grenzgänger (Arbeitnehmer mit Erstwohnsitz im Ausland) das regionale Gesundheitssystem in Anspruch nehmen. In Regionen mit geringer Einwohnerzahl mit Hauptwohnsitz, aber mit stark ausgeprägtem Tourismus kommt es dadurch zu einer medizinischen Unterversorgung mit zusätzlich erhöhten Wartezeiten bei Akutbehandlungen und weiten Wegen für eine schnelle, fachärztliche Leistung. Zudem ist gerade in grenznahen Gebieten fachkräftebedingt ein Anstieg von Grenzgängern zu vermerken.
Für eine touristische Destination betrifft das die Bereiche der Gastronomie, der Hotellerie, der Gesundheitsversorgung und des Handwerkes. Zitat Dunja Schimmel: „Um eine Unterversorgung aufzufangen, zu begrenzen und zu verhindern und eine gute und nachhaltige Leistung für Gesundheit sicherzustellen, bedarf es einer Gesetzestextänderung bzw. -erweiterung für die Berechnung des kassenärztlichen Niederlassungsschlüssels, z.B. im SGB V, § 101, Absatz 2.“ Ganz konkret heißt das: „Gesundheit ist das höchste Gut des Lebens.“ (Arthur Schopenhauer) Das gilt für die Akutversorgung, wie auch für die Prävention. Allen Partizipierenden unseres Gesundheitssystems muss eine chancengleiche Versorgung garantiert sein!