Die Sportschützin Nadine Dreier trainiert seit rund zwölf Jahren beim Schützenverein Malchow von 1884 e. V. „Ich arbeite ohne Trainer und habe mir vieles selbst beigebracht“, sagt die 37-jährige Warenerin. Mit Disziplin und Erfahrung schaffte sie es, ihre Schießleistung immer weiter zu steigern, und erwarb den Trainerschein. Sehr wichtig ist es Nadine Dreier auch, als Kampfrichterin aktiv zu sein. „Denn so trage ich dazu bei, dass alle unter denselben Voraussetzungen schießen und der Sport fair ist.“
Ein bisschen auf dem Schießstand herumballern und dann wieder nach Hause fahren – so stellen sich manche Uneingeweihten den Schießsport vor. Nadine Dreier kennt solche Vorurteile. Daher demonstriert die 37-jährige während der samstäglichen Trainingszeit in der Schießsportstätte Wendhof, dass dazu etwas mehr gehört: Sie nimmt mit dem Luftgewehr auf der Schulter ihre Position ein und feuert dann mehrere Schüsse auf die Scheibe ab – einen nach dem anderen, hochkonzentriert und mit kontrollierter Atmung. Körperspannung sorgt für den festen Stand und ein gutes Gleichgewicht. „Schießen ist anstrengender, als es auf den ersten Blick aussieht. Ich empfinde es tatsächlich als einen ebenso körperlichen wie geistigen Sport,“ sagt die Warenerin, die zusätzlich zur reinen Schießzeit von zwei bis vier Stunden pro Woche auf der Anlage in Wendhof noch täglich mehrere Kilometer mit ihrem Hund „Sole“ läuft und jeden Sonntag eine längere Strecke joggt. „Man muss bereit sein, Ausgleichssport zu machen, wenn man beim Schießen erfolgreich sein will.“ Auch Trockentraining ohne Waffe hilft, die Bewegungsabläufe zu verinnerlichen. Nadine Dreier kam über ihre Mutter und Schwester, beide ebenfalls Sportschützinnen, zum Schießsport und zum Schützenverein Malchow von 1884 e. V., der derzeit dreiunddreißig Mitglieder hat. Sie schießt seit rund fünfzehn Jahren, zwölf davon bei diesem Verein. „Ich habe als Auflageschützin angefangen: die Waffe beim Zielen auf einem Ständer abgestützt. Nun schieße ich freistehend, was natürlich anspruchsvoller ist. Als nächsten Schritt arbeite ich daran, mich als Dreistellungskämpferin zu vervollkommnen: stehend, kniend und liegend zu schießen“, erläutert die junge Frau. Neben dem Luftgewehr trainiert sie vor allem mit dem Kleinkalibergewehr. Mittlerweile hat sie sich ihre eigene Langwaffe zu einem Preis von etwas über 2000 Euro angeschafft und besitzt eine eigene Kombination von Schießhose, Schießjacke und Schießschuhen. „Als Vereinssportler kann man aber auch gut mit dem Material arbeiten, das hier vorhanden ist. Für jemanden wie mich, der ambitioniert unterwegs ist und viel Zeit mit Aktivitäten rund ums Schießen verbringt, lohnt es sich jedoch, eine eigene Ausrüstung zu haben.“
Nadine Dreier muss ihren Vollzeitjob bei der Fachvereinigung Güterverkehr des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Neubrandenburg nicht nur mit dem Training in Einklang bringen, sondern auch mit Wettkämpfen, Vereinsveranstaltungen und ihrer Tätigkeit als Kampfrichterin. Doch sie räumt dem Sport sehr gern Platz in ihrem Kalender ein: Denn bei den Aktivitäten rund ums Schießen – den rein sportlichen wie den traditionellen – trifft man auch immer auf viele unterschiedliche Menschen: „Die Schützen bilden eine bunte Mischung der Gesellschaft – von jung bis alt, aus unterschiedlichen Schichten stammend. Trotz der sportlichen Konkurrenz gehen wir bei den Wettkämpfen als Freunde miteinander um, tauschen Erfahrungen aus und lernen voneinander, auch was andere Waffen wie Bogen, Blasrohr oder Flinte anbelangt, an denen man sich ebenfalls ausprobieren kann.“ Und dass der Schießsport für Nadine Dreier nichts mit Krieg oder Töten zu tun hat, stellt sie ebenfalls klar: „Ich loche das Papier an den Zielscheiben und schieße nicht auf Menschen.“ Vieles hat sie sich über die Jahre selbst beigebracht, aus Büchern angelesen oder bei Kollegen abgeschaut. Mit einem Trainer hat die Sportlerin nie gearbeitet. Durch ihre Methode errang sie gute Erfolge bei den Kreis- und Landesmeisterschaften und bei den Traditionsschießwettbewerben. „Am Ende freue ich mich vor allem, wenn ich meine eigene Leistung schlagen kann.“ Der Wettkampfkalender ist gut gefüllt. Zu manchen Zeiten im Jahr stehen jedes Wochenende Ausscheide an.
Ihr Wissen und ihre Erfahrung als Schützin hat Nadine Dreier auch dafür genutzt, den C-Trainerschein und die Berechtigung, ein Schießen zu leiten, zu erwerben. Eine wichtige Rolle für sie spielt jedoch auch ein voluminöses Buch, das sie mit mehreren bunten Klebezetteln versehen hat und oft zur Hand nimmt: Die „Sportordnung“ für das Sportschießen. „Das ist unsere Bibel. Die Bestimmungen ändern sich leider jedes Jahr, so dass man ständig auf dem Laufenden bleiben muss.“ Dieses Buch hat Nadine Dreier gründlich studiert, Lehrgänge besucht und ihre Schießpraxis eingebracht, so dass sie nun den Titel einer Kampfrichterin Klasse B führen kann. Als solche reiste sie beispielsweise im August zu den Deutschen Meisterschaften nach Garching und opferte dafür einen Teil ihres Urlaubs. „Kampfrichter kontrollieren, dass die Sportregeln eingehalten werden, und stellen so sicher, dass alle unter denselben Voraussetzungen miteinander konkurrieren und der Wettkampf fair ist.“ Nadine Dreier und ihre Kollegen achten unter anderem darauf, dass die Bekleidung der Schützen den Regeln entspricht und den Körper beim Schießen nicht unzulässig stützt. Auch Fragen der Sicherheit fallen in ihren Aufgabenbereich: Wer zum Beispiel seine Waffe geladen ablegt, wird verwarnt oder disqualifiziert. Ein grundlegendes Verständnis der Technik ist hier hilfreich: Denn wenn die Funktion des Gewehrs bei einem Teilnehmer gestört ist, muss man manchmal auch selbst versuchen, das Problem zu beheben. So ist die Tätigkeit des Kampfrichters sehr vielseitig und anspruchsvoll – wie auch die des Sportschützen allgemein: „Ich habe beim Schießen gelernt, mich zu konzentrieren, in mir zu ruhen. Es hat für mich fast etwas Meditatives.“