
Im Waldbrandsommer 2022 sind per Mitte August allein in Deutschland fast 4300 Hektar Wald bei Großbränden von mehr als 30 Hektar verbrannt. Die verbrannte Fläche liegt damit um mehr als dem Fünffachen des jährlichen Durchschnittswerts von knapp 776 Hektar (seit 1991). Der ausbleibende Regen hat auch im ganzen Land Mecklenburg-Vorpommern zu einer akut erhöhten Waldbrandgefahrensituation geführt.
Alle betroffenen Stellen seien in Alarmbereitschaft, so Agrar- und Forstminister Dr. Till Backhaus:
„Der Brand im Göldenitzer Moor hat uns gezeigt, dass jede noch so gute Planung an ihre Grenzen stoßen kann. Feuer kümmert sich nicht darum wo wir am besten vorbereitet sind“, so der Minister. „Mein Dank gilt allen Einsatzkräften, die schnell und professionell dafür gesorgt haben, dass der Brand sich nicht katastrophal ausdehnen konnte und keine Dörfer evakuiert werden mussten. Zwar seien nach dem verheerenden Brand auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Lübtheen im Jahr 2019 erhebliche Anstrengungen zur Waldbrandprävention unternommen worden, doch besser gehe immer, so Backhaus.
„Wir haben seit Ausrufung der „Waldbrandgefahrenstufe II“ Mitarbeiter der Forstämter in den Bereitschaftsdienst versetzt. Alles was wir an Löschtechnik selbst vorhalten, wird vorbereitet und einsatzfähig gehalten. Besonders effektives Gerät wird möglichst so stationiert, dass Anfahrtswege optimiert werden. Wir wollen Tempo machen, wenn es zum Ernstfall kommt“, sagt Backhaus, der auch an die Landwirtschaft appelliert:
„Ich empfehle allen Betrieben dringend, auch aus eigenem Interesse, Güllefahrzeuge als Wassertanks vorzuhalten, um gegebenenfalls die Kräfte der Feuerwehr in der unmittelbaren Umgebung zu unterstützen. Ich bitte den Bauernverband, auf seine Mitglieder entsprechen einzuwirken.
Mit den Waldbrandeinsatzkarten hat MV bereits einen guten Überblick darüber, wie es um die Versorgung mit Löschwasser und um die Zufahrtswege in unseren Wäldern bestellt ist. Zusätzlich werden nun besonders neuralgische Punkte identifiziert, um gezielt Vorsorge zu betreiben, wo es Probleme mit dem Löschwasser gibt. Hier werden wir gemeinsam mit dem Ministerium für Brand- und Katastrophenschutz erarbeiten, welche Maßnahmen wir kurz- und mittelfristig umsetzen können und welche Mittel dafür verfügbar sind“, so Backhaus.
„Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass die Hauptursache für Feld- und Waldbrände der Mensch ist – ob vorsätzlich oder fahrlässig. Ich bitte daher, den Kopf einzuschalten und alles zu unterlassen, was Brände begünstigen kann: Keine Lagerfeuer im Wald und auf Wiesen, im Wald nicht rauchen, keine brennenden Gegenstände (z. B. Zigarettenkippen) aus dem Autofenster werfen, nur auf Schotter oder Asphalt parken, niemals in Wiesen oder Feldern (der Katalysator des Autos kann schon nach wenigen Metern Fahrt sehr heiß werden und trockenes Gras leicht entzünden), Autos bei Ausflügen immer so parken, dass andere Autos, insbesondere Einsatzfahrzeuge, nicht behindert werden, nicht im Wald oder in Waldnähe grillen (Faustregel: min. 100 Meter Abstand zum Waldrand), kein Glas oder Glasscherben im Wald zurücklassen – auch der Brennglaseffekt kann Brände auslösen, offiziell ausgesprochene Verbote (z. B. Waldzutrittsverbote) unbedingt einhalten, beobachtete Waldbrände sofort über die 112 melden und anrückende Einsatzkräfte einweisen.“
Rekord-Waldbrandsommer 2022: Fast 4300 Hektar Wald verbrannt
Im bisherigen Rekordjahr 2019 brannten 2711 Hektar Wald ab. Der Schaden erreichte 2022 nach Berechnungen der AGDW mit 30 bis 40 Millionen Euro (reiner Holzschaden) ebenfalls einen Rekordwert. Der Gesamtschaden für Gesundheit (zum Beispiel Feinstaub), Natur (zum Beispiel Klima) und Wirtschaft (zum Beispiel Tourismus) dürfte bei deutlich mehr als 600 Millionen Euro liegen, schätzt die AGDW. "Wir können uns weitere Waldbrandsommer dieser Art nicht leisten", sagte Bitter. Laut einer Studie der UN wird die Zahl der jährlichen Waldbrände weltweit schon bis 2030 um 14 Prozent zunehmen, bis 2050 sogar um 30 Prozent.
"Unser Wald hat vor allem als Mischwald eine Überlebenschance", sagte Bitter. Dieser Mischwald müsse konsequent durch aktiven Waldumbau angelegt werden. Vorrangig sollten Fichten- oder Kiefernwälder durch gezielte Verjüngung mit Laubbäumen brand- und zugleich auch klimaresilient umgebaut werden. Standortabhängig sollte eine sinnvolle Mischung von Baumarten und Altersklassen entstehen. Auch Erschließung und Gliederung des Waldes müsse optimiert werden.
"Wir sehen das ganz realistisch: Der dafür in relativ kurzer Zeit nötige Aufwand ist immens", sagte Banse: "Dies umzusetzen, erfordert erhebliche Mittel, die mit den Erträgen aus der Forstwirtschaft, insbesondere bei nachhaltiger Bewirtschaftung, in den nächsten Jahren nicht erwirtschaftet werden können." Der Waldeigentümerverband schätzt die Kosten für den notwendigen Umbau je nach Bestand auf 5.000 bis 15.000 Euro je Hektar.
Die beiden Verbände kündigten an, in der Waldbrandprävention und -bekämpfung künftig enger zusammenzuarbeiten. Die Walderschließung soll stärker auch auf die Gefahrenabwehr ausgerichtet werden. Die Tragfähigkeit und Lichtraumprofile der Forstwege sollen die Bedürfnisse der Feuerwehren berücksichtigen. Sogenannte Schutzstreifen ("Schneisen") oder Waldbrandriegel seien überall dort vorzusehen, wo eine besondere Gefährdung vorliegt. In einem Schutzstreifen findet sich kein brennbarer Bewuchs, ein Waldbrandriegel ist dagegen ein Bewuchs aus weniger brandgefährdeten oder brandgefährlichen Bäumen, der in der notwendigen Breite zwischen großflächigen Waldgebieten mit leichter brennbaren Beständen oder Siedlungen angelegt wird.
"Die Erfahrungen aus den letzten Jahren, insbesondere aber aus 2022, zeigen, dass falsch verstandener Naturschutz dazu führen kann, dass eine Bekämpfung von Bränden unnötig erschwert und verzögert wird", sagte Banse. Durch die Brände gehe oft viel mehr Natur für viele Jahre und vor allem im Bereich von Hängen auch durch Erosion dauerhaft verloren als mit besserer Abstimmung vermeidbar gewesen wäre. "Ein Waldbrand vernichtet auch die mit jedem Hektar Wald verbundenen Ökosystemleistungen", ergänzte Bitter.
Konkretes Beispiel ist laut Banse vor allem das Totholz im Wald, das in zu großer Menge die schnelle Brandausbreitung am bzw. im Boden begünstigt und die direkte Brandbekämpfung im Wald zu gefährlich und damit unmöglich macht. "Im Bedarfsfall ist ein integratives Totholz-Management zu entwickeln", forderte Banse. Totholz sei zwar wichtig für die Rückgabe von Nährstoffen an den Waldboden und als Rückzugsräume insbesondere für Insekten und Kleintiere. In besonders gefährdeten Gebieten sei jedoch auch in Schutzgebieten eine Beschränkung im Sinne einer wirksamen Brandbekämpfung notwendig, so Banse. Auch die Verweigerung gegenüber dem Einsatz von Zusätzen zum Löschwasser, etwa Netzmitteln und Retardants erschwere und verlängere die Löschmaßnahmen, so dass sich Brandflächen unnötig ausweiten könnten.
Beide Verbände wiesen darauf hin, dass der Nutzen des Waldes weit über den rein wirtschaftlichen Ertrag des Holzes geht. Der Wald bringe viele Vorteile für die Gesellschaft und die Umwelt. Er sei Klimaschützer, Schadstofffilter, Sauerstofferzeuger, Schützer gegen Sonne und Wind, Wasserspeicher und Naherholungsgebiet in einem. "Die Erhaltung des Waldes ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe", sagte Banse.