
Dass das Projekt „Müritz rundum“ für viele Stadtvertreter nicht rund läuft, haben die Politiker bereits seit mehreren Monaten offengelegt. Wie unzufrieden sie sind, haben sie nochmals auf dem jüngsten Finanzausschuss klargemacht und sind auch bereit neue Wege zu gehen. „Ein richtiges Müritz rundum gibt es nicht, sondern eine Verkettung verschiedener Buslinien“, so die Stadtvertreter, die dennoch an einem Projekt Müritz rundum interessiert sind. „Das sollten dann aber auch Busse sein, die wirklich rundum fahren und hier muss nicht zwingend die MVVG ein Partner sein“, wurde sich in dieser Woche positioniert.
In einem groben Rückblick lieferte Warens Bauamtsleiter Ingo Dann gemeinsam mit Gabriele Daedelow Zahlen aus dem Jahr 2020:
„Der Saisonstart wurde am 25. Mai 2020, bedingt durch die Corona-Pandemie, mit dem Nebenfahrplan begonnen und am 13. Juli 2020 mit dem regulären Fahrplan erweitert“, hieß es aus der Stadtverwaltung. Bereits am 19. Oktober 2020 wurde die Nationalparklinie (009), die als wichtigste Verbindung zählt, bereits eingestellt. Laut Vertrag hätte die Strecke zwischen Waren (Müritz), Schwarzenhof, Speck und Boek bis Ende des Monats durch die MVVG bedient werden müssen. Coronabedingt wurde die Nationalparklinie aber vorzeitig geschlossen, was für einigen Unmut bei den Stadtvertretern sorgte.
Im Jahr 2020 wurden von April bis zum 14. Oktober 317.187,98 Euro aus der Kurabgabe und der Mobilitätspauschale eingenommen. Das entspricht einer Übernachtungszahl von 760.095 in den Städten und Gemeinden Waren (Müritz), Röbel/Müritz, Klink und Rechlin. Es entstand eine Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben von 7.030 Euro. Spitzenreiter bei der Nutzung der Gästekarte ist wie auch schon im Vorjahr die Nationalparklinie (009) mit 31.466 gezählten Fahrgästen. Doch die endet in Boek und fährt zurück nach Waren (Müritz). Die weiterführende Linie 25 nach Rechlin nutzten lediglich 388 Urlauber mit einer Gästekarte. „Linie 25 fährt also scheinbar regelmäßig leer“, preschte Toralf Schnur (FDP) vor und regte eine Diskussion mit neuen Visionen an. Doch für die Auswertung greifbaren Zahlen konnte die präsentierte Statistik nicht verwendet werden. „Wenn man die Zahlen der beförderten Gäste und die Entwicklung 2019/2020 anschaut, scheinen wir ja ein bombastisches Jahr gehabt zu haben. Aber um das wirklich zu greifen, sollte die MVVG eine Aufstellung liefern, welche Fahrgäste hätten laut Platz und Fahrplanangebot befördert werden können und wie viele wurden tatsächlich transportiert“, so Toralf Schnur. „Mit der Digitalisierung könnte man diese Zahlen sicherlich schnell liefern“, meinte Ingo Dann, der von Ralf Spohr ergänzt wurde: „Die MVVG kann sehr wohl sagen, welcher Bus mit wie vielen Plätzen auf welcher Tour und wie oft gefahren ist. In der Summe hätte man schnell die verfügbaren Fahrplätze und könnte diese gegenüberstellen.“ Und noch einen Seitenhieb in Richtung MVVG lieferte Ralf Spohr, als Vorsitzender des Finanzausschusses in Richtung Leistungserbringer. „Die MVVG weist darauf hin, dass sie laut geltendem Vertrag das wirtschaftliche Risiko im Falle von Übernachtungsausfällen tragen und nicht die Orte.
Hanseatische Eisenbahngesellschaft als neuen Partner ins Spiel gebracht
Da der Vertrag auch in 2021 gilt, wird die MVVG das Risiko auch letztmalig in 2021 tragen und will eine Vertragsanpassung für 2022. Die MVVG soll erstmal offenlegen, wo das Risiko ist“, forderte Ralf Spohr. Denn die meisten Busse des Projektes Müritz rundum fahren sowieso. Das sieht auch René Drühl von der CDU so: „Ein richtiges Müritz rundum gibt es nicht, wenn müssten es ein zwei Busse sein, die permanent im Kreis fahren. Wir stützen eigentlich nur den normalen Dat Bus und andere Linien. Teilweise müssen Gäste in einen Schulbus einsteigen. Das Nationalpark-Ticket ist die Mutter des Projektes, das jetzt einfach nur zusammengestückelt wurde.“ „Ja, das Projekt muss weiterentwickelt werden und das wird es ja auch“, versuchte Gabriele Daedelow zu beschwichtigen. „Für die Aufgabe Vertragsanpassung 2022 und Einführung einer digitalen Gästekarte Mobilität inkl. Freizeit soll Unterstützung und fachliches Know-How eingeholt werden. Hier werden 400.000 Euro zwischen den Jahren 2021 und 2023 angesetzt“, erklärte die Verwaltung. Und die Stadtvertreter von Waren (Müritz) wollen das Projekt Müritz rundum scheinbar auch weiterentwickeln. „Ich muss aber nicht nach Neustrelitz oder Wesenberg schauen. Ich würde lieber in Richtung Plau, Malchow und Göhren-Lebbin schauen“, so Toralf Schnur. Diesen gesponnenen Faden nahm auch Ralf Spohr auf, der den Plauer Rundbus, welcher von Plau über den Bärenwald Stuer und Malchow den Plauer See umkreist, ins Spiel brachte. „Die hanseatische Eisenbahngesellschaft betreibt diesen Bus. Wir müssten dann mit den Bürgermeistern von Malchow und Göhren-Lebbin sprechen und ein schönes Paket schnüren. Diese beiden Orte sind eh etwas abgeschnitten“, regte Spohr an. Zwar sieht Jutta Gerkan lediglich Vorteile für die anderen Orte, aber Ralf Spohr meinte: „Unsere Urlauber könnten die westliche Region erkunden und auch für die Urlauber aus Malchow und Göhren-Lebbin hat Waren (Müritz) interessante Ausflugsmöglichkeiten.“ Das sah auch Heiko Seifert von den Linken so: „Wir könnten eine Synergie aufbauen, denn das Potential ist vorhabenden.“ Nahezu euphorisch und gemeinsam visionierten die Stadtvertreter, was mit einem Bus, wie dem Plauer Rundum-Bus alles möglich wäre. „So etwas ist doch cool, das zieht Leute – auch junge Leute“, verdeutlichte Toralf Schnur. „Wir müssen das nicht mit der MVVG machen, suchen wir uns andere Partner“, machte der FDP-Politiker deutlich. „Wir ziehen damit Gäste aus Göhren-Lebbin hierher, unsere Gäste könnten das auch nutzen. Die MVVG hatte damals das Privileg, jetzt wollen wir aber etwas anderes“, unterstrich René Drühl und Ralf Spohr fasste zusammen: „Wir haben jetzt unsere Vorstellungen klar gemacht, jetzt muss sich die Verwaltung positionieren und den Vorschlag an die Kooperationspartner, die Bürgermeister von Malchow und Göhren-Lebbin sowie an die Hanseatische Eisenbahn herantragen.“
Der Vertrag „Müritz rundum“ wurde bereits durch die Stadt Waren (Müritz) vorsorglich zum 31.12.2021 gekündigt und folgende Forderungen für eine weitere Zusammenarbeit gestellt:
- Nachvollziehbares System für Stimmanteile der Partner
- Transparente und nachvollziehbare Abrechnung der Kosten
- Digitale Erfassung der Nutzung des ÖPNV
- Einbindung von Sondervereinbarungen (Stadtverkehr) in das Gesamtprojekt
- Strategische Ausweitung