
Der ehemalige Schäfermeister Karsten Vinzing ist seit vierunddreißig Jahren bei der Verwaltung des Müritz-Nationalparks angestellt, war dort einst der erste Ranger und fungiert seit rund zwanzig Jahren im Rahmen dieser Tätigkeit auch als Waschbärberater. Er hilft denjenigen, denen der possierliche Kleinräuber Schaden an Haus und Hof zugefügt hat, mit Tipps und Kontakten.
Wege und Schilder instandsetzen, Tierbestände überwachen, Waldbrände verhüten, Verstöße gegen die Nationalpark-Regeln ahnden, mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, allgemein Wissen über die Natur vermitteln – das sind die Aufgaben, die der Ur-Mecklenburger Karsten Vinzing als Ranger im Müritz-Nationalpark innehat. Daneben ist er seit rund zwanzig Jahren als Waschbärberater tätig. „Zu DDR-Zeiten wurde der Waschbär bejagt. Das änderte sich nach der Wende, so dass die Population nach und nach anwuchs, bis das Problem Anfang der Nuller Jahre akut wurde. Weil die Leute immer wieder bei der Nationalparkverwaltung Rat im Umgang mit dem Tier suchten, hat man mir schließlich die Aufgabe übertragen, mich darum zu kümmern“, berichtet der heute 62-jährige. Karsten Vinzing und andere Waschbärberater aus verschiedenen Regionen Deutschlands wurden damals in einem einwöchigen Lehrgang in Kassel, der Stadt mit der deutschlandweit größten Stadtwaschbärpopulation, für ihre neue Tätigkeit geschult. Mit dem dortigen Berater Becker tauscht Vinzing noch heute regelmäßig Erfahrungen aus. Der Kasseler betreibt die Waschbärberatung aufgrund hoher Nachfrage seit mehreren Jahren sogar gewerblich.
Procyon lotor, wie der Waschbär lateinisch heißt, ist ein possierlicher und gelehriger Kleinräuber, der auch im Müritz-Nationalpark flächendeckend vertreten ist und der in hiesigen Breiten kaum natürliche Feinde hat. Dementsprechend dreist verhält er sich oft: reißt die Isolierung von Dächern ab, beschädigt den Putz an Häusern, klaut Obst oder Tierfutter, wirft Gegenstände um, durchwühlt Komposthaufen oder Abfalleimer, macht Geräusche - und Gerüche, weil er seinen Kot hinterlässt. „Die Betroffenen melden sich dann bei der Nationalparkverwaltung, welche mich darauf kontaktiert. Ich fahre dann zu den Hilfesuchenden, wo leider der Schaden oft schon angerichtet ist.“ Karsten Vinzing zeigt den Menschen bei seinem Besuch, was den Waschbären angelockt hat und wie er in Haus oder Stall hineingekommen ist. „Leider bemerke ich immer wieder, dass die Betroffenen ihren Teil zum Problem beigetragen haben, indem sie zum Beispiel ihren Komposthaufen nicht abgedeckt oder dem Tier Futter angeboten haben.“ Vinzing stellt dann den Kontakt zu Experten her, die entweder in leichteren Fällen Teile des Hauses mit Poliumkarbonat verkleiden, einer Art Folie, die dem Übeltäter das Klettern verleidet, oder in schwereren Fällen einen Elektroschutz anbringen. Wenn gar nichts mehr greift, kann die zuständige Jagdbehörde eine Ausnahmegenehmigung ausstellen, die erlaubt, das Tier der Natur zu entnehmen. Man kann es auch in Fallen fangen und fern der Ortschaften aussetzen. „Grundsätzlich gehört der Waschbär dorthin, wo ihn die Natur vorgesehen hat – in den Wald. An diesem Platz soll er bleiben.“
Nachdem Karsten Vinzing in den ersten Jahren seiner Tätigkeit fast jede Woche zu einem Einsatz gegen den haarigen Räuber gerufen wurde, ist es jetzt ruhiger geworden, was er als Erfolg wertet. „Diejenigen Leute, die ein Problem mit Waschbärwn hatten, haben nach der Beratung Maßnahmen ergriffen und jetzt Ruhe vor dem Tier“, kommentiert der Ranger.